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Einleitung
In der Vorbereitung auf meinen letzten Halbmarathon habe ich gemerkt: auch in der Altersklasse M50 kann ich meinem Körper noch viele Wochenkilometer und einiges an Intensität zumuten. Aber nur weil es geht, muss es nicht sinnvoll sein. Und ehrlich gesagt habe ich die Zeit auf dem Rad-Ergometer im letzten Winter sehr genossen. Endlich mal von den Beinen runter…
Wie das Rudern in meiner Bubble aufgetaucht ist, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Aber der Gedanke hat sich ziemlich schnell festgesetzt. Warum erkläre ich gleich. Und ich hatte das große Glück, ziemlich unkompliziert ein Ruderergometer ausleihen zu können. So kommt es, dass ich mein Training seit einigen Monaten durch Ruderworkouts ergänze – wie ich kürzlich mit Ulf in einem kleinen Podcast besprochen habe.
Warum Rudern für Läufer sinnvoll ist
Ich gebe zu: die Verbindung ist nicht ganz offensichtlich. Aber wenn man sich damit beschäftigt, welche andere Sportarten das Herz-Kreislaufsystem ähnlich gut trainieren können wie das Laufen, kommt man sehr schnell auf das Rudern. Denn das gilt als eines der effektivsten Ganzkörpertrainings überhaupt.
Denn während beim Laufen vor allem die Beine arbeiten, sind es beim Ruderergometer 80% der gesamten Körpermuskulatur: Beine, Core, Rücken und Arme werden gleichzeitig beansprucht. Und es hat gleich mehrere Vorteile:
- Gelenkschonend: Keine Stoßbelastung wie beim Laufen.
- Herz-Kreislauf-Training: Rudern bringt den Puls ähnlich hoch wie Intervalltraining auf der Laufbahn.
- Haltung und Core-Stabilität: Beugt muskulären Dysbalancen vor, die bei Läufern oft Probleme bereiten.
- Kraftausdauer: Der Bewegungsablauf ist kraftvoll, aber gleichzeitig rhythmisch – perfekt für lange Läufe.
Kurz gefasst ist Rudern ein sehr gutes Ausdauertraining, das gleichzeitig die Stärkung der Muskelgruppen addressiert, die bei Läufern meist zu kurz kommen. Für mich eine Win-Win-Situation.
Die Technik beim Rudern
Die Hürde beim Rudern ist deutlich kleiner als beim Indoor-Bike: neben einem geeigneten Ruderergometer braucht man nur ein halbwegs gutes Verständnis der richtigen Rudertechnik. Und das ist definitv kein Hexenwerk, denn dazu gibt es sehr viele gute Anleitungsvideos – zum Beispiel diese hier von concept2:
Die typischen Anfängerfehler (Knie sind im Weg, zu viel Armzug, Rundrücken, …) sollten schnell behoben sein, so daß man nach 2-3 Workouts nicht mehr darüber nachdenken muss. Zumindest, wenn es um eine gelegentliche Ergänzung des Lauftrainings geht. Wer möchte kann die Technik natürlich immer weiter perfektionieren. Aber nach meiner Erfahrung reicht ein „grob richtig“ erstmal, um Spaß am Rudern zu haben und sich ohne Risiko auf dem Rudergerät fordern zu können.
Wie lässt sich Rudern ins Lauftraining integrieren
Ein weiterer großer Vorteil beim Rudern ist, dass man seine geplante Laufeinheit nahezu 1:1 auf den Ruderergometer übertragen kann. Sprich: eine halbe Stunde Grundlagenlaufen werden zu einer halben Stunde Rudern im Grundlagenbereich. Sogar die Herzfrequenzzonen sind bei mir (Pi mal Daumen) identisch. Somit muss man nicht viel nachdenken, wenn man spontan eine Rudereinheit einbauen will, und kann sogar alle Qualitätseinheiten direkt übertragen.

Allerdings sollte man sich schon ausreichend Zeit gönnen, um sich an das Rudern zu gewöhnen. Anfangs bin ich auf ziemlich wackeligen Beinen die Kellertreppe hochgelaufen. Und auch das erste Mal eine Stunde Rudern hat einige Wochen auf sich warten lassen.
Bevor man sich an Schwellenbelastungen oder Intervalle wagt, darf man also ruhig erstmal mit 10 Minuten lockerem Rudern anfangen und sich dann langsam steigern.
Meine Erfahrungen im Training
Wenn man sein Lauftraining mit Rudern ergänzt, geht es garnicht darum, vom Läufer zum Ruderer zu werden. Es geht um sinnvolle Ergänzung oder Alternativtraining.
Rudern als Core-Training
Schon nach den ersten Rudereinheiten war für mich deutlich zu spüren, dass Rudern genau die Muskelgruppen trainiert, an denen ich sowieso arbeiten muss: Hamstrings, Glutes und unterer Rücken. Bisher habe ich dazu ein Core-Workout mit Kettlebells genutzt – allerdings (wie wohl jeder Läufer) nur widerwillig.
Beim Rudern passiert das „ganz nebenbei“ als Teil von jedem Workout – egal ob locker oder intensiv. Das hat sich beim Lauftraining dann durch eine stabilere Hüfte und weniger Probleme mit Glutes und Hamstings bemerkbar gemacht. Dementsprechend habe ich oft das Rudergerät genutzt, wenn in meinem Athletica-Trainingsplan Krafttraining anstand.
Es war für mich oft aber auch einfach ein perfektes Warm-Up: nach 10 Minuten auf dem Ruder-Ergometer ist der ganze Körper passend aufgewärmt, um sein übliches Kraft- oder Mobilisationstraining zu machen.
Grundlagenausdauer
Ich würde sagen, dass ich auf dem Rudergerät zu 90% im Grundlagenbereich trainiert habe. Anfangs natürlich, um mich überhaupt an das Rudern zu gewöhnen und die Ausdauer zu entwickeln, um einen einstündigen Lauf auch durch eine Rudereinheit ersetzen zu können.
In einer zweiten Phase war es dann ehrlich gesagt Bequemlichkeit: beim Rudern kann man nebenbei eine Serie oder einen Film gucken, Podcast hören oder Musik, … Und trotzdem merkt man anschließend, dass man ein ordentliches Workout gemacht hat.
In der Vorbereitung auf den Köln Halbmarathon habe ich das Rudern dann immer mal wieder zur Entlastung eingesetzt. Es gab da so einige Wochen, in denn ich die hohen Kilometerumfänge ziemlich in den Beinen gespürt habe. In den Wochen habe ich jeweils den kurzen Grundlagenlauf (meist 35-45 Minuten) durch eine gleichlange Rudersession ersetzt. Das hat den Knochen wirklich gut getan!
Strukturierte Trainingseinheiten
Beim Rudern hat man verschiedene Möglichkeiten, die Intensität zu erhöhen. Erhöht man die Schlagzahl, also die Anzahl der Ruderschläge pro Minute, geht die Belastung in Richtung Tempo- oder Schwellenlauf. Oder man erhöht gleichzeitig auch noch den eingesetzen Kraftaufwand, was dann einem Intervalltraining entspricht.

Ich gebe zu: ein richtiges, geplantes Intervalltraining habe ich bisher nicht gemacht. Schließlich dient mir das Rudern nur als Ergänzung zum Lauftraining. Aber auch da kann es eben solche Trainingsinhalte (teilweise) ersetzen, wenn es nicht anders geht.
Allerdings kann es eine willkommene Abwechslung sein, den fast schon meditativen Ruderrhytmus mit kurzen „Sprints“ zu unterbrechen. Eine Rudereinheit von 45 Minuten fühlt sich längst nicht mehr so lang an, wenn man zwischendrin z.B. 4×5 Minuten etwas zügiger rudert.
Vergleich mit Alternativen
Vielen Läufern ist glaube ich gar nicht bewusst, welches Potential das Rudern als Cross- oder Alternativtraining hat – obwohl ich in meiner Bubble da einen deutlichen Trend sehe (guckt euch mal den Blogbeitrag von Stefan an, oder was der Martin auf Strava so macht).
Noch stärker ist der Trend sicher in Richtung Radfahren: ich kenne sehr viele Läufer, die ergänzend auch noch auf dem Rennrad sitzen – oder nahezu schon die Sportart gewechselt haben. Für die Grundlagenausdauer scheint das ein perfektes Training zu sein. Aber noch stärker als beim Laufen, werden hier nur die Beine trainiert – der Oberkörper bleibt komplett aussen vor. Dazu kommt ein ziemlich hoher Zeiteinsatz, um auf ähnlich hohe Belastungen wie beim Laufen zu kommen.

Natürlich gehört das Kraftttraining oder zumindest Core-Training zum Laufen dazu. Das ist als Ergänzung enorm wichtig, wird aber meist vernachlässigt. Wer hier wirklich Reize setzen will, muss ins Fitness-Studio gehen – was für mich eine zu große Hürde bedeutet. Da gehe ich lieber ein Mal mehr Laufen, mache doch meine Kraftübungen zuhause (Kettlebells!) oder nutze die Ergänzung durchs Rudern.
Dann darf in der Liste das Schwimmen nicht fehlen, als sehr gelenkschonendes Ganzkörpertraining. Allerdings ist es auch am unspezifischten und bringt seine eigenen Herausforderungen bei der Technik mit sich. Ich finde es im Alltag auch wenig flexibel einsetzbar, weil der Aufwand, ins Schwimmbad zu fahren, doch relativ groß ist.
Mein Fazit
Das Ruderergometer hat mein Lauftraining deutlich bereichert. Es erlaubt mir, sehr intensiv zu trainieren, ohne die Laufbelastung zu übertreiben. Gleichzeitig stärkt es genau die Muskelgruppen, die bei Läufern immer zu kurz kommen.
Als Cross- oder Alternativtraining finde ich es ideal, weil ich alle Trainingsinhalte nahezu 1:1 auf das Rudergerät übertragen kann. Bis auf das Ergometer braucht es keine weitere Ausrüstung und die Rudertechnik ist nur eine kleine Hürde.
Dafür wird man belohnt mit einer perfekten Ergänzug zum Training, einem stabileren Core und letztendlich mit einer höheren Leitungsfähigkeit beim nächsten Rennen.



