Die besten Indoor Cycling Apps – neben Zwift

Als Ergänzung zum Lauftraining habe ich viel Zeit auf dem Wahoo Kickr Bike Shift verbracht – und dabei einige Apps für Smart Bikes ausprobiert.

Generelles Setup

Im Rahmen meines Tests zum Technogym Myrun Laufband hatte ich mich schon mit Apps beschäftigt, die für Läufer gut funktionieren. Das war eine ziemlich einfach Sache, denn das Laufband überträgt nur die Pace und lässt sich umgekehrt ausschließlich mit der Hersteller-App steuern.

Bei einem Indoor Bike sieht das schon etwas anders aus. Und das geht los mit dem Thema Bildschirm: wo befestige ich mein Tablet, oder muss es gleich ein großer Bildschirm sein? Ich habe erst mal das genommen, was da war, also ein günstiges Amazon-Fire-Tablet, das man mit einem Ständer direkt vor dem Bike hinstellen kann.

Beim Smartbike ist die Anbindung dann aber etwas komplexer, da hier viel mehr Informationen übertragen werden: Geschwindigkeit, Trittfrequenz, Leistung, Gangschaltung, Steuerung… Beim Wahoo Kickr Bike Shift gibt es eben ein paar Knöpfe mehr und die unterstützt nicht jede App. Die Steuerung des Widerstands für das Bike war dagegen mit jeder App problemlos möglich.

Neben den Funktionen im Zusammenspiel mit dem Kickr Bike habe ich mich vor allem mit dem Charakter der Apps beschäftigt und wie sich mich beim Training motiviert haben, statt in jedes Funktionsdetail einzutauchen. Schließlich ist mein Fokus als Läufer auch ein anderer: die Bike-Einheiten sollen einen regenerativen, lockeren Dauerlauf ersetzen. Ich habe also nicht den Anspruch, einen komplexen Trainingsplan auf dem Rad zu absolvieren. Die Apps haben für mich also eher den Zweck, die Zeit auf dem Indoor Bike kurzweilig zu gestalten.

Zwift

Ganz klar: Zwift ist der Platzhirsch bei virtuellen Ausfahrten mit dem Rad. Und das merkt man an vielen Stellen auch: Zwift war die einzige App in meinem Test, die alle Funktionen des Wahoo Bikes voll unterstützt hat. Außerdem ist auf der Plattform immer etwas los, weil die Nutzerbasis so groß ist.

Grundsätzlich befindet man sich in Zwift in einer virtuellen 3D-Umgebung und fährt durch teilweise eher phantastische Landschaften, wobei es auch einige Strecken gibt, die realen Orten nachempfunden sind.

Trotzdem fühlt sich Zwift für mich eher wie ein Spiel an und nicht nach einer „professionellen“ Trainingsumgebung – auch wenn das so sicher nicht ganz richtig ist. Denn natürlich kann man hier sehr ernsthaftes Training betreiben und dafür aus dem großen Fundus von Workouts in Zwift selbst schöpfen, oder auch andere Plattformen einbinden, in denen man sein Training plant und strukturiert.

Für mich haben die Auswahl an Events oder Strecken aber vollkommen ausgereicht. Die Umgebungen sind immer so gestaltet, dass man sich rechts und links der Straße immer etwas umsehen kann. Zudem gibt es immer auch die Möglichkeit, innerhalb einer Strecke verschiedene Routen zu fahren.

Das habe ich überhaupt als einen großen Vorteil bei Zwift erlebt: von Events oder geplanten Einheiten mal abgesehen, gibt es kein definiertes Ende. Man kann immer noch eine Runde drehen und damit die geplante Fahrzeit auf jeden Fall gut umsetzen.

Außerdem fand ich die vielen Mitfahrer auf den Strecken und auch die Robo-Pacer sehr motivierend. Obwohl ich nur eine lockere Ausfahrt machen wollte, habe ich mich immer wieder dabei erwischt, doch im Windschatten vom Vordermann bleiben zu wollen, wen einzuholen oder zu überholen.

Was ich nicht unbedingt brauche, ist das Level-System über Erfahrungspunkte und das Freispielen von Ausrüstung und Strecken. Gerade bei den Strecken fand ich das eher störend: welchen Grund sollte es geben, nicht direkt auf alle zugreifen zu können?

Schließlich ist Zwift mit ca. 20 Euro im Monat nicht gerade günstig, wo es doch immer auch kostenlose Optionen gibt. Unterm Strich kann ich aber gut verstehen, warum Zwift so erfolgreich ist und es ist sicher eine der Plattformen, für die ich ein Abo abschließen würde.

Rouvy

Rouvy ist deutlich mehr eine Simulation als ein Spiel. Denn man fährt auf realen Strecken, die abgefilmt und mit deren Höhenprofil in die App übertragen wurden.

Das führt zu einem sehr immersiven Erlebnis der Strecke – auch wenn mir dazu etwas die Umgebungsgeräusche gefehlt haben. Dafür gibt es unterwegs sehr viel zu beobachten: wunderschöne Landschaften, Dörfer, Städte, Menschen, … Allerdings geht der Realitätsgrad natürlich auch so weit, dass es sehr langweilige Strecken gibt, die in öder Landschaft nur geradeaus führen.

Reale Mitfahrer sind deutlich seltener als bei Zwift, aber auch nicht zwingend notwendig. Denn man kann bis zu 10 virtuelle Mitfahrer auf die Strecke mitnehmen, die dann ungefähr im eigenen Leistungsniveau fahren. Das bedeutet, dass sie sich zurückfallen lassen, wenn man es in einem Abschnitt mal ruhiger angehen lässt, man ihnen aber auch wegfahren kann, wenn man es am Anstieg wirklich wissen will.

Die Integration der virtuellen Radfahrer in der realen Umgebung finde ich sehr gelungen. Bei plötzlichen Tempoverschärfungen geht die Figur aus dem Sattel, schüttelt sich zwischendurch auch mal die Hände aus oder guckt sich über die Schulter nach hinten um.

Im Zusammenspiel mit dem Wahoo Kickr Bike Shift werden leider nicht alle Funktionen unterstützt. So gibt es zum Beispiel keine Anzeige des derzeit gewählten Gangs – auch wenn das Schalten natürlich problemlos funktioniert. Und auch die anderen Bottons sind bei Rouvy ohne Funktion.

Das hat ehrlich gesagt dem Spaß mit der App keinen Abbruch getan, denn ich war damit immer lieber unterwegs, als mit Zwift. Auch wenn man sich etwas anders organisieren muss, weil es natürlich definierte Streckenlängen gibt und man nicht einfach so lange fahren kann, wie man gerade möchte – dafür bietet Rouvy am Ende der Strecke aber immer an, quasi nahtlos weiterfahren zu können.

Was mir auch gut gefallen an: vor dem Start lässt sich der Realitätsgrad eine Strecke anpassen und damit die Belastung hoch oder runter schrauben. So kann man auch eine Alpenetappe im Grundlagenbereich radeln, wenn es nur um die schöne Strecke geht.

Mit ca. 13 Euro im Monat ist Rouvy spürbar günstiger als Zwift und bietet meiner Meinung nach nicht weniger Fahrspaß.

Bkool

Bkool erschien mir zunächst wie das Beste aus beiden Welten: man kann reale Strecken nachfahren, aber frei zwischen virtueller und gefilmter Darstellung wechseln. Das geht auch während des Trainings einfach per horizontalem Swipe auf dem Bildschirm.

Per vertikalem Wischen kann man genauso einfach das HUD verändern und sich entweder gar keine Metriken anzeigen lassen oder schrittweise das volle Spektrum.

Die anfängliche Euphorie wurde aber durch eine eher mittelmäßige Integration der virtuellen Radfahrer in die reale Strecke gebremst. Viele Strecken sind auch nur von Nutzern bereitgestellt und nicht gut aufbereitet. Auf der Tour von Mailand nach San Remo habe ich quasi nur den Grünstreifen neben den Kurven gesehen und selten die Straße selbst. Auch war der Widerstand bei Steigungen teilweise überhaupt nicht nachvollziehbar.

Für ca. 11 Euro im Monat hat für mich die Leistung hier nicht gepasst und ich habe wirklich nur den Testzeitraum ausgenutzt.

TrainingPeaks Virtual

TrainingPeaks Virtual sieht auf den ersten Blick sehr nach einem Zwift-Clon aus. Das mag daher kommt, dass die Köpfe hinter indieVelo, wie die App ursprünglich hieß, ehemalige Zwift-Mitarbeiter sind.

Durch die kürzliche Übernahme durch TrainingPeaks dürfte die App-Entwicklung wahrscheinlich an Geschwindigkeit zulegen, denn an vielen Stellen fand ich das Erlebnis doch eher mittelmäßig. Das betrifft zum Beispiel die Grafik (auf meinem günstigen Tablet…) und auch den Realitätsgrad. Ich muss in keiner App so wenig schalten wie hier – selbst bei steilen Anstiegen.

Dafür ist TrainingPeaks Virtual derzeit noch kostenlos und funktioniert grundsätzlich gut mit dem Wahoo Kickr Bike Shift. Sogar die Gänge werden richtig angezeigt.

icTrainer

Eigentlich ist icTrainer eine App ganz nach meinem Geschmack und gehört in eine Reihe mit Intervals.icu oder Tredict. Mir scheinen sehr leidenschaftliche Programmierer dahinter zu stecken, die alles möglich machen, was sie sich selbst auf so einer Plattform wünschen.

icTrainer bietet keine virtuellen Welten an, auch wenn man reale Strecken darin nachfahren kann – teilweise sogar mit Videos. „Just Train – No Game“ ist hier das Motto. Dafür bietet man andere Besonderheiten: die App funktioniert komplett offline, neben Rollentrainern werden auch Laufbänder oder Rudergeräte unterstützt und man integriert Möglichkeiten zum Musik- und Video-Streaming.

Die Oberfläche sieht auf den ersten Blick überladen aus, man findet sich aber doch relativ schnell zurecht. Für meine Ansprüche war icTrainer schon etwas zu professionell und zu wenig „unterhaltend“. Mit 30 Euro pro Jahr (!) hat die Software aber ein unschlagbares Preis-/Leistungsverhältnis.

Wahoo / Wahoo SYSTM

Natürlich liefert der Hersteller des Indoor Bikes auch eine kostenlose App mit, die teilweise zur Konfiguration des Trainers notwendig ist. Doch man kann darin auch Workouts planen bzw. von anderen Plattformen (zum Beispiel Intervals.icu) dorthin importierten, um sie dann auszuführen.

Das hat dann nichts mehr mit den oben gezeigten Apps zu tun, da es nur ein technisches Display gibt und keine virtuelle Welt, in der man sich gleichzeitig bewegt. Aber es ist eine Möglichkeit für mich gewesen, 45 Minuten mit einem vordefinierten Widerstand zu treten, während ich auf dem Tablet eine Serie geguckt habe (die Wahoo App habe ich dann auf dem Handy).

Es gibt aber auch ein kostenpflichtiges Angebot: Wahoo SYSTM ist eine umfangreiche Trainingsplattform, die neben dem Radfahren auch noch Laufen, Schwimmen, Krafttraining und Yoga anbietet. Dort kann man sich einzelne Trainingseinheiten herauspicken, oder gleich einen kompletten Trainingsplan wählen.

Ich habe dort nur kurz hineingesehen, weil dieser Ansatz nicht meinen Ansprüchen an das Bike-Training entspricht und ich so eine professionelle Trainingsumgebung gar nicht brauche.

Fazit

Nach mittlerweile fast drei Monaten auf dem Wahoo Kickr Bike Shift sind von den getesteten Apps nur noch zwei übrig geblieben, die ich wirklich regelmäßig nutze: Zwift und Rouvy. Derzeit bezahle ich noch beide Plattformen, werde mich dauerhaft aber wohl eher für Zwift entscheiden.

Mein Herz hängt ehrlich gesagt schon eher an Rouvy, weil mir der Simulationscharakter der App sehr gut gefällt und ich voll in die gefahrene Strecke eintauchen kann. Letztendlich sind die festen Streckenlängen für mich aber doch etwas störend gewesen: entweder musste ich eine weitere Strecke anfangen, oder kann die gewählte gar nicht zu Ende fahren. Beides fühlt sich irgendwie falsch an.

Und bei Zwift ist es letztendlich doch so, dass der Gaming-Charakter immer mal wieder für zusätzliche Motivation gesorgt hat. Sei es über die abwechslungsreichen virtuellen Umgebungen, die vielen (realen!) Mitfahrer oder Elemente wie Strava-Segmente oder Sprints. Dazu kommt noch, dass es die einzige App war, die die Funktionen des Wahoo Bikes (Schaltungsanzeige, Buttons) voll unterstützt hat und ich Zwift auch noch mit dem Technogym MyRun nutzen kann.

  1. Da fehlt in meinem Augen noch MyWhoosh – da tummeln sich doch auch recht viele Leute mittlerweile und die App ist noch gratis.
    Für Gelegenheitsradler mit k(l)einem Budget IMHO eine echte Alternative.

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Ich bin der Harlerunner

Hier schreibt Thomas Pier über das Laufen und (deutlich mehr als nur die notwendige) Ausrüstung. Ich laufe weder besonders schnell noch weit. Aber ich teile gerne meine Erfahrungen, die ich als ambitionierter Freizeitläufer, neugieriger Early-Adopter und als mein eigener Trainer sammele.

Ich freue mich über jede digitale Kontaktaufnahme - noch mehr allerdings über jeden gemeinsam gelaufenen Kilometer.

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