Die Gerüchteküche hat schon lange gebrodelt. Angeblich soll es noch in diesem Jahr einen Nachfolger der V800 geben. Und tatsächlich: gestern war es endlich soweit und Polar hat im Rahmen des Berlin Marathons die neuen Modelle Polar Vantage V und Polar Vantage M vorgestellt. Ich durfte dabei sein.
Inhalt / Content
Launch-Event
Polar hatte ca. 60 enge Partner, Athleten, Botschafter und Influencer in das Hotel „Soho House“ in Berlin eingeladen. Mit dabei waren zum Beispiel Philipp Pflieger und Laura Hottenrott. Nach einer kurzen Begrüßung wurde es schon spannend, denn der Facebook-Livestream wurde zugeschaltet. Auch wenn der Name “Vantage” schon früh fiel (und erklärt wurde), mussten wir alle brav bis zur weltweit gleichzeitigen Enthüllung um 12 Uhr warten.
Nach einer ausführlichen Vorstellung der neuen Funktionen, hatten wir im Anschluss an den offiziellen Teil auch die Möglichkeit, ein wenig mit den neuen Uhren zu spielen. ;)
Die neuen Polar-Uhren
Es waren ja im Vorfeld schon Bilder durch’s Netz gegangen und auch zu den Funktionen gab es schon Spekulationen. So wie es aussieht, stimmten diese Informationen auch. Was noch nicht bekannt war: verfügbar sind beide Uhren zum Frankfurt Marathon Ende Oktober.
Polar Vantage V
Das neue Top-Modell bei Polar heisst ab jetzt Vantage V und wird 499 Euro kosten. Mit dem Namen knüpft man einerseits an das alte Modell Vantage an, dass damals wohl ein Meilenstein der mobilen Herzfrequenzmessung war. Andererseits erkennt man im “V” den Bezug zu den bisher aktuellen Modellreihen.
Die neue Uhr bringt einige technische Innovationen mit. Vor allem den (nach eigenen Aussagen) exaktesten optischen Herzfrequenzsensor in einer Sportuhr. Dazu hat Polar gleich neun LEDs verbaut, deren unterschiedliche Lichtfarben den Puls besser erfassen sollen. Zusätzlich sind vier Elektroden verbaut, die dem System Rückmeldung über den Hautkontakt geben und so die Qualität der HF-Messung unterstützen sollen.
Ganz praktisch soll das bedeuten, dass bei nur teilweisem Hautkontakt auch nur die gut aufliegenden LEDs zur Messung herangezogen werden. Ausserdem werden die aufgezeichneten Herzfrequenzdaten jede Minute nachträglich korrigiert, wozu die Qualitätsdaten der Kontakte auch beitragen. Aber auch die Daten der Beschleunigungssensoren gehen mit ein und verhindern (hoffentlich) den von anderen Sensoren bekannten Cadence-Lock.
Die Polar Vantage V beherrscht auch die Watt-Messung am Handgelenk – als weltweit erste Laufuhr! Dazu werden keine weiteren Sensoren benötigt, denn die Vantage verläßt sich dabei auf die GPS-Pace, den barometrischen Höhenmesser und die Beschleunigungssensoren. Damit dürfte die Messung extrem abhängig von der Qualität des GPS-Signals sein und (so meine Vermutung) zumindest erstmal stark geglättet.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Integration aller gemessenen Daten, um die Trainingsbelastung und die anschließende Regeneration besser erfassen zu können. Mit einbezogen werden dann auch die Ergebnisse des Orthostatic Tests und natürlich die Daten des 24/7-Activity-Trackings. Lobend erwähnen möchte ich die Bestrebung, dem Athleten hier nicht nur reine Zahlen, sondern echte ausführbare Handlungsempfehlungen (mit Erklärungen) an die Hand zu geben.
Trotz all dieser neuen Funktionen, dem Farbdisplay mit Touchscreen und einer sekundengenauen Aufzeichnung, gibt Polar die Batterielaufzeit mit 40 Stunden an – ein Stückchen mehr als die Mitbewerber.
Leider sind andere Funktionen nicht mit an Bord. Eine Navigationsfunktion oder Kartendarstellung habe ich vergeblich gesucht. Die scheint auch nicht geplant zu sein, wie man dem Review von Ray entnehmen kann. Es gibt auch keine Handy-Notifications, keine Integration von Strava-Segmenten und (derzeit) auch noch keine Synchronisation mit dem Handy.
Polar Vantage M
Die kleine Schwester des Top-Modells kommt in der gleichen Gehäuseform. Allerdings ist das aus Plastik statt aus Edelstahl, was sich auch beim Gewicht bemerkbar macht – und beim Preis: sie wird 279 Euro kosten.
Auch bei den Funktionen wurde natürlich abgespeckt: es gibt keine Wattmessung am Handgelenk, keinen Touchscreen und keine erweiterten Recovery-Metriken. Es bleibt aber natürlich der neue optische Sensor, das Farbdisplay und eine immer noch gute Batterielaufzeit von 30 Stunden.
Mein erster Eindruck
Ich habe die Uhren bisher nur ein paar Minuten in der Hand gehabt und kann über die vorgestellten Features aus eigener Erfahrung noch nichts sagen. Mir scheint es aber so zu sein, dass die drei großen Laufuhren-Hersteller versuchen, ihre jeweils eigene Nische zu finden.
Garmin produziert Funktionsmonster, die so gut wie alles beherrschen was derzeit technisch möglich ist. Suunto hat sich mit seiner Suunto 9 deutlich in Richtung Ultra-Distanzen und Outdoor-Aktivitäten positioniert. Und Polar scheint scheint mit einen Vantage-Modellen zum Handgelenks-Trainer werden zu wollen.
Der gezeigte Ansatz, möglichst viele Daten für ein holistisches Modell des Athleten zu verwenden und daraus ganz konkrete Anweisungen zu generieren, gefällt mir wirklich gut. Es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Uhren im Läuferalltag schlagen. Rays Artikel zeigt derzeit Schwächen beim GPS. Und ich bin mir sicher, dass sich Polar einiges wegen der fehlenden Navigationsfunktion anhören muss. Zurecht! Zumindest eine Brotkrumen-Navigation sollte bei einer Uhr in dieser Preisklasse ja wohl drin sein. Gehofft hatte ich ehrlich gesagt sogar auf eine Map-Integration alá Garmin…
Aber wie gesagt: noch gibt es keine endgültige Firmware. Und bei einer komplett neuen Plattform (Software und Hardware) kann man sicher davon ausgehen, dass in den ersten Wochen und Monaten noch einige Unzulänglichkeiten auftauchen werden.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, die Uhr im Training zu benutzen und eigene Erfahrungen damit zu sammeln. Und hoffe gleichzeitig auf eine bessere Entwicklung als bei Sunnto… ;)
Messe Berlin Vital
Nach dem Launch-Event sind wir noch gemeinsam auf die Marathon-Messe gefahren. Vor Öffnung der Türen konnten wir am Polar-Messestand so noch ein wenig fachsimpeln.
Direkt gegenüber war der Salomon-Stand untergebracht. Natürlich habe ich mir den neuen S/LAB Sense 7 angesehen, der gerade erst auf den Markt gekommen ist. Darüber hat sich ein sehr angenehmes Gespräch mit einem der Mitarbeiter entwickelt.
Schräg gegenüber waren die Jungs von… SAYSKY!!! Habe mich sehr gefreut, Nick dort zu treffen und in Ruhe ein bisschen quatschen zu können. Er hat aus dem Nähkästchen geplaudert und mir einige Highlights der neuen Kollektion verraten – ich bin sehr gespannt darauf. Der zweite Drop ist ja gerade online.
Ansonsten habe ich die Gelegenheit genutzt und Laura und Prof. Dr. Kuno Hottenrott am Polar-Stand zum Thema Herzfrequenzvariabilität auszufragen. ;) Besonders die Auswertung des Orthostatic Test in der V800 ist ja nicht gerade anfängertauglich. Vielleicht kommt im Zuge des Vantage-Launches ein Update des Buches?
Für mich ging es mit vielen neuen Eindrücken zurück nach hause. Es war ein anstrengender, aber insgesamt richtig guter Tag in Berlin. :)