Die Forerunner 970 ist Garmins neues Flaggschiff für Lauf- und Triathlonsportler – und sie will in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzen. Lohnt sich das Upgrade von der Forerunner 965?
Anzeige: Der Hersteller hat mir das Produkt für diesen Test auf meine Anfrage hin zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf den Inhalt meines Testberichts. Der Beitrag ist frei verfasst und gibt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wieder.
Inhalt / Content
Garmin Forerunner 970
Erster Eindruck
In planbarer Regelmäßigkeit bringt Garmin neue Laufuhren auf den Markt. Da war eher die Modellnummer ein Überraschung, denn nach der bisherigen Logik hätte es eine 975 sein müssen. Aber anscheinend will man diesen „Modell-Seitenarm“ der 5er Nummern wieder verlassen und hat deswegen nur einen kleinen Sprung gemacht.
Genauso klein ist der optische Unterschied zur Forerunner 965: wenn einem nicht gerade die gelbliche Metall-Applikation an der Seite der Forerunner 970 ins Auge fällt, könnte man die Uhren schnell verwechseln.
Aber da muss natürlich mehr dran sein als pure Optik, denn trotz des kleinen Modellnummer-Sprungs, gab es einen großen Sprung beim Preis: mit 750 Euro ist die Forerunner 970 gleich um 150 Euro teurer als die 965 und damit nicht mehr weit von den Fenix-Modellen entfernt.
Was ist also neu?
Gehäuse und Display
Bisher waren die High-End-Forerunner eigentlich immer vergleichbar mit einer Fenix – im nicht ganz so hochwertigen Plastik-Gewand. Das hat sich bei der Forerunner 970 mit ihrem Gehäuse und der Titanlünette nun zumindest teilweise geändert.
Das Display ist zwar grundsätzlich gleich geblieben (1,4-Zoll-AMOLED), nun aber deutlich heller und strahlender als bei der 965. Außerdem ist es jetzt von einem Sphirglas geschützt – auch ein spürbares Upgrade.
Optischer Sensor der 5. Generation
Aber auch unter der Haube hat sich einiges getan: es wurde ein OHR-Sensor der aktuellen Generation verbaut, der gleich weitere spannende Features mitbringt. Dazu gehören ein medizinisch zertifiziertes EKG und die Hauttemperatur-Messung.
Taschenlampe, Lautsprecher und Mikrofon
Diese Punkte scheinen zu beweisen, dass es bei den Forerunner-Modellen kaum noch etwas Neues zu erfinden gibt. 😉
Aber nichtsdestotrotz sind das neue und praktische Funktionen, die direkt ins Gehäuse integriert wurden. Am unteren Rand des Displays gibt es einen Schlitz für Lautsprecher und Mikrofon, während am oberen Rand die LEDs für die Taschenlampe untergebracht ist.
Wozu braucht man das Mikrofon? Naja, man kann die Uhr zum Beispiel nutzen, um Telefonate darüber zu führen, wenn man sein Handy dabei hat. Oder man spricht mit seinem digitalen Assistenten (auf dem Handy). Ein paar Kommandos versteht die Uhr auch selbst: man kann einen Lauf starten oder seine Herzfrequenz abfragen.
Running Tolerance, Impact Load, Step Speed Loss, …
Neben der Hardware gab es auch bei der Software viele Verbesserungen. Einige Funktionen wurden sogar mit der Forerunner 970 ganz neu eingeführt und werden/wurden es später auf andere Modelle portiert. Ich möchte nur ein paar herausgreifen (für eine komplette Übersicht könnt ihr gerne bei DC Rainmaker weiterlesen).
Spannend finde ich vor allem Impact Load und Running Tolerance. Beide neuen Metriken fokussieren sich auf die Belastung des Körpers durch das Laufen.
Impact Load übersetzt die tatsächlich gelaufene Distanz in ein muskuläres „Belastungsäquivalent“: Ein 10-km-Berglauf kann so als 18 km gewertet werden, wenn Downhills und Pace die Beine stärker fordern.
Darauf baut Running Tolerance auf: Die Uhr vergleicht Deine aktuelle Sieben-Tage-Belastung (Impact Load) mit Deinem langfristigen Niveau und warnt früh vor Überlastung. Für das langfristige Niveau muss die Uhr natürlich erstmal Daten sammeln – es kann also ein paar Wochen dauern, bis die Werte belastbar sind.
Step Speed Loss und die daraus abgeleitete Running Economy verlangen Garmins neuen HRM-600-Brustgurt (den ich leider nicht zur Verfügung hatte und die Funktionen somit nicht testen konnte). Sie analysieren jeden Bodenkontakt und quantifizieren verlorene Geschwindigkeit.
Meine Erfahrungen mit der Forerunner 970 im Training
Display und Akkuleistung
Das hellere Display fällt wirklich sofort auf. Ich hatte daran schon bei der Forerunner 965 nichts auszusetzen. Aber das Mehr an Helligkeit trägt spürbar zu einer noch besseren Ablesbarkeit bei.
Das geht natürlich zu Lasten der Akkulaufzeit: Garmin gibt die Laufzeit im GPS-Modus mit 26 Stunden an und damit 5 Stunden weniger als bei der 965. Reduziert man die Helligkeit aber nur ein klein wenig, gleicht sich das alles wieder aus. Ich habe das so gemacht und damit sehr vergleichbare Laufzeiten zur Forerunner 965 erzielt. Wenn dir Helligkeit wichtiger ist als Laufzeit, kannst du die Einstellungen natürlich auch auf Maximum belassen und lädst dann halt häufiger.
Bei der 965 stand ich mit der Navigation auf Kriegsfuß: das veränderte Standard-Kartendisplay war wenig hilfreich und Eingriffe in die Navigation endeten manchmal im Reboot der Uhr – während ich gerade in einer unbekannten Gegend gestrandet bin.
Die Garmin Forerunner 970 hat das Problem für mich behoben und ich konnte endlich wieder problemlos die Offline-Maps nutzen. Mit dazu gehört auch weiterhin die Möglichkeit, Routen (Rundkurse) direkt auf der Uhr erstellen zu lassen. Bei Kursabweichung gibt es dann ein dynamisches Re-Routing – quasi ein komplettes Navi für Läufer.
Mit der Funktion scheint es bei einigen Usern im Auslieferungszustand noch Probleme zu geben, bei mir ist das Problem aber nicht aufgetreten. Normalerweise werden solche Dinge auf sehr schnell von Garmin per Firmware-Update behoben.
Taschenlampe und Lautsprecher
Das hört sich vielleicht verrückt an, aber diese beiden Features gehören zu den Hauptgründen, weswegen ich meine 965 gegen die 970 austauschen werde.
Lautsprecher und Mikrofon können natürlich dazu benutzt werden, Telefongespräche (über das mitgeführte Handy) anzunehmen und zu führen. Das habe ich nicht ausprobiert und ist für mich auch nicht wichtig. Aber der Lautsprecher macht nun endlich mal Signale bei strukturieten Trainingseinheiten deutlich hörbar!
Das Ding ist so laut, dass ich beim ersten Mal vor Schreck einen Meter zur Seite gesprungen bin. Selbst in lauten Umgebungen sind so Anfang oder Ende von Intervallen nicht mehr zu überhören. Zusätzlich kann man sich die Sprachansagen über den Lautsprecher ausgeben lassen, was ich auf Dauer etwas nervig fand. Die Ansagen sind relativ lang und dafür habe ich bei intensiven Intervallen nicht immer die Nerven. Aber wenn man es braucht und nützlich findet, ist das schon ein starkes Update.
Die ins Gehäuse integrierte LED habe ich zunächst belächelt. Schließlich konnte man auch schon beim Vorgängermodell das Display als Taschenlampe nutzen und so nachts gefahrlos durch die dunkle Wohnung navigieren. Die neue LED ist aber natürlich um ein Vielfaches heller und erleichtert nicht nur den Weg zur Toilette, sondern kann ein wichtiges Notfall-Feature sein, wenn man während eines Laufs plötzlich im Dunkeln steht (Stirnlampe leer?).
Die Qual der Wahl: 970 oder 965?
Die Liste der neuen Funktionen bei der Forerunner 970 ist lang, allerdings kommen diese auch mit einem deutlichen Preissprung. Bei den Marktpreisen liegen aktuell knapp 200 Euro zwischen der Forerunner 970 und der 965.
Wie eigentlich immer lohnt es sich also, genau zu überlegen, welchen der neuen Funktionen einem wirklich wichtig sind. Bei mir hat eine vermeintliche Kleinigkeit wie der Lautsprecher den Ausschlag für die 970 gegeben, weil ich davon im Training fast täglich profitiere und es für mich ein echtes Problem löst.
Umgekehrt würde mir bei der Forerunner 965 eigentlich auch nichts fehlen. Das ist einfach weiterhin eine sehr, sehr gute Laufuhr, die (wie eigentlich alle Garmin-Uhren) viel mehr kann, als man normalerweise braucht.
Wer ein Schnäppchen machen will, kann also weiterhin bedenkenlos zur 965 greifen. Der Mehrpreis der Forerunner 970 kann sich aber schnell lohnen, wenn das Funktionsupgrade einen wirklichen Mehrwert bietet.