Im Urlaub durfte natürlich die passende Lektüre nicht fehlen. Haruki Murakami stand schon mehrmals auf meiner Leseliste, doch bisher hatte ich nichts von ihm gelesen. Dann fiel mir am Tag vor unserer Abreise „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ * in die Hand und ich habe es einfach mitgenommen. Es war für den Urlaub ganz passend und sehr kurzweilig.
Das Buch ist weder ein Roman noch eine Biografie. Murakami hat einfach Texte gesammelt, die er in einem gewissen Zeitraum über das Laufen geschrieben hat. Oder besser: er gibt seine Gedanken wieder, die er als Läufer über das Laufen hatte. Das sind teilweise Beschreibungen von seinen üblichen Laufstrecken oder seinem Training. Er beschreibt auch die Teilnahme an verschiedenen Laufveranstaltungen. Doch am Meisten geht es um ihn selbst.
Mir haben viele Stellen sehr gut gefallen. In vielen seiner Gedanken finde ich mich wieder. Daher möchte ich hier einige Passagen zitieren:
Wenn ich laufe, laufe ich einfach. Normalerweise in einer Leere. Oder vielleicht sollte ich es lieber umgekehrt ausdrücken: Ich laufe, um Leere zu erlangen. Aber natürlich schlüpft stets der eine oder andere Gedanke in diese Leere. Klar, denn in den Herzen der Menschen kann es keine wahre Leere geben. Der menschliche Geist ist nicht stark genug, um ein echtes Vakuum zu halten, und auch nicht so konsequent. Ich sage nur, dass die Gedanken, die beim Laufen in mein Bewusstsein dringen, dieser Leere untergeordnet sind. Sie haben keinen Inhalt, sie tauchen auf und umkreisen die Leere wie eine Achse.
Die Gedanken, die mir beim Laufen durch den Kopf gehen, sind wie die Wolken am Himmel. Wolken in verschiedenen Formen und Größen. Sie kommen und ziehen vorüber. Der Himmel jedoch bliebt immer derselbe. Die Wolken sind nicht mehr als Gäste auf der Durchreise. Sie tauchen auf und verschwinden wieder. Und nur der Himmel bleibt zurück. Er existiert und existiert zugleich nicht. Er hat Substanz und ist zugleich substanzlos. Wir können nicht mehr tun, als die Existenz dieses grenzenlosen Raumes zu akzeptieren und in uns aufzunehmen.
Das könnte fast auch aus einem Zen-Buch stammen. Hat seine japanische Herkunft damit etwas zu tun? Für mich ist Laufen jedenfalls auch häufig sehr meditativ. Seine Leere beim Laufen kenne ich sehr gut.
Persönliche Bestzeit, Rang, Äußerlichkeiten und das Urteil anderer – all das ist zweitrangig. Für einen Läufer wie mich zählt vor allem, die Ziele, die ich mir selbst gesteckt habe, mit meinen Beinen zu erreichen. Wenn ich alle Kraft gebe, die ich zu geben habe, alles ertrage, was ich ertragen kann, bin ich auch meine Weise zufrieden. Aus all meinen Fehlern und Freuden ziehe ich eine konkrete Lehre – sie kann ruhig klein sein, aber konkret muss sie sein. Und mit der Zeit, mit den Jahren, in denen ich einen Wettkampf nach dem anderen absolviere, werde ich am Ende einen Ort erreichen, an dem ich zufrieden bin. Oder vielleicht erhasche ich ja auch nur einen Blick darauf (ja, das ist ein passender Ausdruck).
Das ist schon etwas handfester. Genau darum geht es mir auch: die selbst gesteckten Ziele zu erreichen und sich daran zu freuen. Ich würde allerdings die Zufriedenheit nicht so weit ‚rausschieben wie Murakami. Vielleicht hat der das aber auch wieder eher spirituell gemeint.
Ich kann das Buch jedem Läufer nur empfehlen. Besonders dann, wenn man mit der „japanischen Seele“ etwas anfangen kann.
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