Eignet sich das Whoop-Armband als zusätzlicher Health-Tracker für Läufer? Ich beschreibe hier meine Erfahrungen mit der Version 3.0 – im Vergleich zum aktuellen Whoop 4.0 sind die wesentlichen Kernmetriken zum Glück gleich geblieben.
Anzeige: Whoop hat mir das Fitnessarmband für diesen Test zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf den Inhalt meines Testberichts. Der Beitrag ist frei verfasst und gibt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wieder.
Inhalt / Content
Einordnung
Seit mehreren Jahren nutze ich die Möglichkeit, jeden Morgen den Erholungszustand meines Körpers per Herzfrequenz-Variabilität zu bestimmen. Die zwei Minuten sind meiner Meinung nach gut investiert, um auf dieser Grundlage kurz- und langfristige Entscheidungen für mein Training zu treffen. Ist der Körper vom letzten harten Training wieder so gut erholt, dass er den nächsten Trainingsreiz verarbeiten kann? Übertreibe ich es im Moment mit dem Training und sollte eigentlich lieber etwas kürzer treten?
Neben diesen kurzen Momentaufnahmen, gibt es auch Systeme, die 24/7 Daten erheben und so noch mehr Einblicke ermöglichen. Mit dem Oura Ring habe ich bereits ein System getestet, das vor allem als Schlaftracker sehr gute Dienste leistet. Für die Beurteilung der Tagesbelastung ist der Ring nach meiner Erfahrung aber nicht so gut geeignet.
Daher war ich sehr auf das Whoop-Armband gespannt. Denn es bietet eine echte 24-Stunden-Überwachung der Herzfrequenz und erfasst dadurch neben dem Schlaf eben auch die täglichen Aktivitäten – samt Arbeitsalltag und Sport.
ProdukttestWhoop 3.0
[php snippet=1]Was ist das Whoop-Band?
Das Whoop-Armband ist ein Fitness-Tracker, der wie eine Uhr am Handgelenk getragen wird – im Idealfall 24 Stunden am Tag. Ein optischer Sensor misst permanent die Herzfrequenz, wodurch Whoop die aktuelle Belastung des Körpers ermitteln kann. Unterstützt wird das System dabei von Bewegungssensoren, die Ruhe- und Aktivitätsphasen natürlich leicht erfassen können.
Der Whoop hat keinerlei Display – von den kleinen LEDs mal abgesehen, die den Batteriezustand anzeigen. Die Bedienung und Auswertung läuft komplett über die zugehörige App, die sich regelmäßig mit dem Armband abgleicht.
Geladen wird der Whoop mit einem kleinen Aufschiebe-Akku direkt am Handgelenk. Das bedeutet: man lädt das Akku-Pack separat und hat dann eine mobile Ladestation für ca. zwei Ladungen. Ein voll geladener Whoop hat bei mir ca. 4 bis maximal 5 Tage durchgehalten.
Eine Besonderheit des Systems ist das Mietmodell: statt eines einmaligen Kaufpreises bezahlt man bei Whoop einen monatlichen Mitgliedsbeitrag. Dafür ist die Hardware dann „kostenlos“. Die Mitgliedschaft kostet aktuell 30 Euro pro Monat, wenn man monatlich zahlt. Wählt man die längste Laufzeit über 18 Monate reduziert sich der Betrag auf 18 Euro. Allerdings zahlt man dann eben 324 Euro im Voraus…
Während der Mitgliedschaft profitiert man automatisch von allen Software-Updates. Gibt es ein Hardware-Update, kann man entweder bei der alten Hardware bleiben (bekommt aber nicht alle neuen Funktionen), oder zahlt einen einmaligen Upgrade-Preis, um das neue Modell zu erhalten.
Welche Metriken werden ermittelt?
Die Whoop-Welt basiert auf Strain, Recovery und Sleep – also Belastung, Erholung und Schlaf. Die Belastung wird über den Verlauf der Herzfrequenz über den ganzen Tag ermittelt. Phasen deutlich erhöhtem Puls werden als Aktivität erkannt oder können manuell als solche angelegt werden. Bei mir war eher das Zweite der Fall… Neben dem Rückblick auf die Belastung des Tages, empfiehlt Whoop auch eine ideale Belastung für den Tag.
Auf der anderen Seite der Waage zeigt der Recovery-Wert an, wie gut sich der Körper von den letzten Belastungen erholt hat. Diese „Batterie“ lädt sich natürlich vor allem durch einen guten Schlaf auf, aber auch kleine Nickerchen oder Momente der Entspannung können den Wert positiv beeinflussen. Natürlich wird auch der Schlaf selbst erfasst, in Länge und Qualität. Und auch hier gibt das System eine Empfehlung, wie lang der Schlaf sein sollte.
Eher nebenbei bekommt man auch noch Angaben zur Ruheherzfrequenz und der Herzfrequenzvariabilität. Auch die Atemfrequenz wird scheinbar über den Puls ermittelt und für die Erholung herangezogen.
Erfahrungen im Alltag
Ehrlich gesagt habe ich mich ziemlich dagegen angesehen, das zweite Handgelenk auch noch mit einem Gerät zu belegen. Während für viele der Whoop zu einer Art Status-Symbol gehört, war meine Sorge eher, ob ich ihn im Büroalltag ausreichend gut verstecken konnte. Grundsätzlich gibt es nicht nur ein Armband, sondern auch ein Oberarm-Band für den Whoop, was nicht nur der Messqualität zugute kommt, sondern eben auch mein Büroproblem löst.
Letztendlich hatte ich mich aber schon nach wenigen Tagen so an das Band gewöhnt, dass ich es gar nicht mehr wahrgenommen habe. Mal abgesehen von den Ladevorgängen und Besuchen unter der Dusche. Der Whoop ist zwar wasserfest, doch das Armband hält einiges an Feuchtigkeit, so daß man sich anschließend um die Trocknung kümmern muss, um nasse Kleidungsstellen zu vermeiden…
Im Sommer gab es immer wieder das Problem, dass sich unter dem Whoop Hautreizungen bildeten. Die waren trotz regelmäßiger Reinigung des Geräts nicht ganz abzustellen und ließen sich nur durch Tragepausen oder Wechsel der Trageposition (Handgelenk / Oberarm) wieder los werden.
Nutzen für mein Training
Im Grunde passt der Ansatz des Whoop-Bandes recht gut zu meinem Bedürfnis als Läufer. Für die Planung und Steuerung meines Trainings möchte ich Belastung, Erholung und Schlaf im Blick haben. Normalerweise kümmert sich um die Erfassung der Belastung meine Laufuhr. Denn als typischer Schreibtischarbeiter kommt durch das Lauftraining sicher die größte Belastung zusammen. Ich habe da vom Whoop keine neuen Erkenntnisse erwartet.
Durch die ununterbrochene Messung des Armbands gab es aber trotzdem manchmal neue Einblicke. Normalerweise erfasse ich mit der Laufuhr nicht die Belastung von Stabi- oder anderem Alternativtraining. Auch meine wöchentliche Taekwondo-Einheit war bisher ein blinder Fleck. Das kann zusammen mit Gartenarbeit, Wasserkisten schleppen oder anderen Tätigkeiten zu einer relevanten Mehrbelastung führen, die meine Laufuhr eben nicht erfasst.
Dagegen steht allerdings die Qualität der Messung. Leider registriert das Whoop-Band häufig hohe Belastungen wo keine sind. Besonders wenn es am Handgelenk getragen wird, sind Fehlmessungen des optischen Sensors vorprogrammiert. Das läßt sich durch die Trageweise am Oberarm zwar minimieren, aber ohne Korrekturmöglichkeit bin ich dem hilflos ausgeliefert. Und da ich nicht für jeden Tag immer genau kontrollieren kann, ob solche Fehlmessungen da waren, stellt das die Aussagekraft des ganzen Systems in Frage.
Auch die Vorgabe einer Soll-Belastung für den Tag hört sich erstmal nach einem spannenden Feature an. Doch leider ist der Tageswert nicht die Addition der Einzelwerte. Also zwei Belastungen mit einem Wert von 13 führen nicht zu einer Belastung von 26, sondern vielleicht von 17. Zudem ist der Wert einer Einzelbelastung kaum planbar – im Gegensatz zu Systemen wie TRIMP oder TSS. Das Erreichen der vorgeschlagenen Tagesbelastung ist also eher Zufall.
Dagegen war das Thema Schlaf und Erholung schon nachvollziehbarer. Besonders das ermittelte Schlafbedürfnis passte oft ziemlich gut zu meiner eigenen Einschätzung. Und es war auch spannend zu beobachten wie ein Nickerchen den Erholungswert direkt beeinflussen kann. Trotzdem bleibt auch bei diesen Werten ein Beigeschmack, wenn man sich bei der Qualität der Messungen nicht sicher sein kann.
Whoop 4.0
Das Ende 2021 gelaunchte neue Armband scheint einige meiner Kritikpunkte zu adressieren – das bestätigt auch DC Rainmaker in seinem Review. Offenbar hat Whoop einen deutlich verbesserten optischen Sensor verbaut, der das Problem mit den Fehlmessungen zu einem großen Teil eliminiert. Das Gerät ist etwas kleiner geworden, der Akku hält länger und es wurden natürlich einige Features ergänzt. Allerdings ist da nichts dabei, das mich zu einem Upgrade bewegen würde.
Meine Meinung
Die große Frage bleibt allerdings: lohnt sich der Preis für den möglichen Nutzen? Genau genommen kann man das für 30 Euro selbst schnell heraus finden. ;)