Tredict ist das Herzensprojekt eines laufenden Programmierers (oder eines programmierenden Läufers?). Er hat seine eigene Software zur Trainingsanalyse und -planung geschrieben, weil er an allen vorhandenen Plattformen etwas auszusetzen hatte und es besser machen wollte.
Seit gut einem Jahr ist sein Tool „fertig“ und man kann sich dort registrieren – was ich auch direkt gemacht hatte. Aber Felix Gertz, der Kopf hinter Tredict, ist noch lange nicht fertig mit dem Programmieren und ergänzt laufend neue Funktionen und Verbesserungen. Das Ergebnis ist beachtlich und hat sehr viele gute Lösungen zu bieten.
Ich will gar nicht erst versuchen, die umfangreiche Plattform komplett vorzustellen. Aber es gibt doch so einige Punkte, die mir besonders positiv aufgefallen sind. Um die soll es hier gehen.
Anzeige: Felix Gertz war so nett, mir einen kostenlosen Testzugang zur Verfügung zu stellen. Dies hatte keinen Einfluss auf den Inhalt meines Testberichts. Der Beitrag ist frei verfasst und gibt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wieder.
ProdukttestInhalt / Content
Tredict
Training
So ein schönes User-Interface hätte ich ehrlich gesagt bei so einem Ein-Mann-Projekt nicht erwartet. Allein schon grafisch gefällt mir die Oberfläche sehr gut. Aber es geht ganz klar nicht nur um Optik: Felix hat durchgängig sehr darauf geachtet, dass man die wichtigsten Informationen immer übersichtlich im Blick hat.
Neben den Daten, die man auch von anderen Plattformen so kennt, fällt die Intensitätsverteilung sofort auf. Man kann in Tredict jedes beliebiges Zonenmodell verwenden, aber für die Darstellung in den Ampel-Farben wird es immer zurückgeführt auf niedrige, moderate oder hohe Intensität. Ich bin ehrlich gesagt schon lange weg von Modellen, die mit mehr als diesen drei Zonen arbeiten, und habe mich daher in Tredict sofort zuhause gefühlt.
Die Darstellung und die zugrunde liegende Metrik für die Intensitätsverteilung lässt sich jederzeit anpassen. Hier habe ich mal von Leistung auf Pace umgestellt und gleichzeitig noch die Darstellung der einzelnen Läufe geändert. Wer erkennt auf den ersten Blick, an welchen Tagen ich welche Art von Intervallen gemacht habe?! Einfach genial die Darstellung! :)
Auch die Detailseite eines Laufs ist sehr aufgeräumt dargestellt. Man hat wirklich alles sofort im Blick. Mir gefällt besonders der „Verlauf“ von Leistung, Pace und Herzfrequenz sehr gut. Die führende Metrik kann man frei bestimmen und auch jederzeit wechseln.
Ein einzigartiges Feature ist hier die Möglichkeit, die Kurven zu editieren. Mit dem Stift-Werkzeug „malt“ man einfach den neuen Verlauf der Kurve und kann so Peaks und andere Fehlmessungen sehr einfach korrigieren.
Davon abgesehen sollte man sich in einer ruhigen Minute mal nur mit der linken Spalte unterhalb der Karte beschäftigen… Ich sage nur „verdichtetes Wissen„. Aber keine Sorge: man wird bei Tredict nicht damit allein gelassen. Fast alle Funktionen sind mit umfangreichen (und guten!) Erklärungen versehen, die nur einen Mausklick entfernt sind.
An so vielen Stellen merkt man auch deutlich, dass da ein Läufer am Werk ist, der mitdenkt. ;) Während die Wochen- und Monatsdarstellung des Trainings noch recht ähnlich ist, wechselt die Jahresansicht in ein anderes Layout.
Trainingsplanung
Durch einen Klick auf das Plus-Symbol im Kalender hat man auch die Möglichkeit, neue Trainingseinheiten in Tredict zu planen. Dazu gehören auch strukturierte Trainings nach Watt! Zudem hat man auch die Auswirkungen auf die Form-Kurve immer sofort im Blick.
Vorgaben und Abschnitte lassen sich wirklich im Handumdrehen anlegen. Man kann grob nach Zonen oder fein nach z.B. Prozent des aktuellen FTP planen. Und wer mit einer Garmin läuft, bekommt dieses Training dann auch direkt in den Garmin-Kalender und auf seine Uhr synchronisiert.
Spontan vor dem Lauf noch schnell ein Intervall-Training zusammenklicken und dann direkt loslaufen? Mit Tredict kein Problem! Geplante Trainingseinheiten kann man natürlich als Vorlage speichern und sie später wieder verwenden.
Auswertung
Auch im Bereich Auswertung weiß Tredict uns Läufer zu begeistern. In sechs unterschiedlichen Abschnitten kann man sich seine Auswertungen größtenteils selbst zusammenstellen.
Die Aggregationsdiagramme sind noch recht einfach zu verstehen, denn sie summieren die Werte im ausgewählten Zeitraum im eingestellten Detailgrad (wöchentlich oder monatlich). Man kann jederzeit ein neues Diagramm hinzufügen, alte verschieben oder die aktuelle Konfiguration speichern.
Möchte man zwei (oder mehr) Metriken miteinander in Beziehung setzen, wählt man ein Relationsdiagramm. Hier sehe ich zum Beispiel, ob es eine Abhängigkeit zwischen Pace und Bodenkontaktzeit bei mir gibt.
Die Zonenverteilung gibt Aufschluss darüber, wie viel Zeit ich in welchem Intensitätsbereich verbracht habe – wieder reduziert auf drei Intensitätsbereiche. Hier kann man wieder zwischen Leistung, Pace und Herzfrequenz umschalten. Scheinbar war ich in den letzten zwei Jahren relativ gut in der Verteilung 80/20 (so grob…) unterwegs.
Die Formkurve ist ein zentrales Steuerungs- und Auswertungsinstrument bei Tredict. Daher gehört sie natürlich auch in den Bereich Auswertung. Das zugrunde liegende Rechenmodell findet sich so oder sehr ähnlich eigentlich auf allen Trainingsplattformen wieder.
Die Übersicht der Rekorde finde ich auch sehr gut gelungen. Es gibt eine „Power-Duration-Curve“ bzw. das Äquivalent für die Auswertung nach Pace oder Herzfrequenz. Dazu die im ausgewählten Zeitraum besten Leistungen über definierte Zeiten oder Streckenlängen.
Die Übersicht der Wettkämpfe wäre ausserhalb der Coronazeit sicherlich spannender… Aber auch hier hat Tredict bzw. Felix wirklich an alles gedacht, um zu einer guten, übersichtlichen Darstellung zu kommen. Die auszuwertenden Spalten kann man natürlich selbst aus dem Katalog der zur Verfügung stehenden Metriken auswählen.
Zonen und Kapazität
Hier stoßen wir ins zentrale Kontrollzentrum von Tredict vor. Wie schon erwähnt kann man hier mit jedem beliebigen Zonenmodell arbeiten, ordnet jeder Zone dann aber noch einen Intensitätsbereich zu (für die Ampelfarben-Darstellung).
Eine absolute Besonderheit ist hier das Revisions-Modell von Tredict. Zonen- und Kapazitätswerte werden nämlich zeitbezogen in Revisionen hinterlegt. Hat man nach einem Leistungstest neue Zonengrenzwerte ermittelt, legt man in Tredict eine neue Revision mit dem entsprechenden Datum an, die ab dann für alle zukünftigen Trainingsbewertungen gültig ist. So ist gewährleistet, dass Tredict jede Trainingseinheit immer nach dem zu ihrem Zeitpunkt gültigen Modell bewertet.
Verbindungen
Die Verwaltung von Körperdaten und Ausrüstungsgegenständen habe ich jetzt mal übersprungen, um zu den „Verbindungen“ zu kommen. Damit sind Trainer-Athleten-Beziehungen gemeint, denn bei Tredict kann man anderen Users bzw. seinem Trainer Zugriff auf seine Daten geben.
Dieser kann sich so die Auswertungen ansehen und auch geplante Trainingseinheiten in den eigenen Kalender eintragen. So eine Funktion gibt es sonst nur bei den wirklich großen und etablierten Plattformen!
Einstellungen
Auch die sonst so langweiligen Einstellungen enthalten den ein oder anderen „Schatz“. So kann man in Tredict einstellen, nach welcher Metrik der Aufwand einer Einheit bevorzugt berechnet werden soll. Wie man sieht hängen alle anderen Metriken als Kaskade dahinter, sollte eine Metrik mal nicht verfügbar sein. Aber diesen Freiheitsgrad der Einstellung habe ich sonst noch nirgendwo gesehen.
Für so einen Newcomer wie Tredict ist es auch absolut beachtlich, mit welchen Diensten alles eine Synchronisation möglich ist: Garmin, Polar, Suunto, Coros, Wahoo, … Da bleiben wahrscheinlich selten Wünsche offen.
Und für die Freaks unter euch: hier kann man auch benutzerdefinierte Felder erstellen. Einige hat Felix schon angelegt, wie den Vergleich der Distanz aus den GPS-Werten mit der Distanz aus den Pace-Werten (z.B. Stryd).
Kosten
Tredict ist nicht kostenlos – dafür bekommt man aber wirklich eine Menge geboten. Zum Beispiel nach der Registrierung erstmal drei kostenlose Monate, damit man sich in Ruhe mit dem System vertraut machen kann.
Entschließt man sich danach, nicht für Tredict zu bezahlen, erhält man weiterhin (zeitlich uneingeschränkt) lesenden Zugriff auf seine Daten. Man kann sich also noch alles ansehen, nur nichts mehr verändern. Für den schreibenden Zugriff werden dann 39 Euro fällig – im Voraus für ein Jahr. Das ist also ein Pre-Paid- und kein Abo-Modell.
Zudem kann man weitere freie Monate durch das Einladen neuer Mitglieder erhalten – wovon übrigens auch der Geworbene profitiert. Wer also gerne sechs statt drei kostenlose Monate für den Start hätte, darf gerne meinen Werbungslink für Tredict * benutzen. ;)
Meine Meinung
Es ist kaum zu glauben, dass so ein umfangreiches Auswertungs- und Planungstool nicht viel bekannter ist. Trotz der Detailtiefe und den vielen Möglichkeiten bleibt Tredict stets übersichtlich und intuitiv bedienbar.
Ich habe hier viele Funktionen ja nur anreißen können. Wer sich genauer mit dem Programm beschäftigt wird feststellen, wie viele gut durchdachte und clevere Detailpunkte es hier gibt. Und darin steckt dann nicht nur ein detailverliebter Programmierer, sondern immer auch der Läufer Felix, der die praktische Anwendung der Funktionen im Blick hat.