Ich sehe die lustigen Kommentare zu dem Titel bereits vor meinem geistigen Auge. ;) Gemeint ist natürlich der berühmte Laufcoach mit seiner „Laufformel“ *.
Nachdem ich bisher immer nach Steffny-Trainingsplänen aus dem „grossen Laufbuch“ trainiert habe, wollte ich für die Vorbereitung auf den Köln-Halbmarathon etwas anderes probieren. Nicht, dass ich mit Steffny nicht meine Ziele erreicht hätte. Aber ich habe es ganz gerne, wenn ich selbst verstehe was ich da mache. Und da bietet Jack Daniels einfach mehr Erklärungen zu seinen Prinzipien und damit auch deutlich mehr Wissen und Freiheit, die Vorgaben seinen persönlichen Trainings- und Lebensumständen anzupassen.
Inhalt / Content
Grundprinzipien
Ich möchte nicht zu sehr in die Theorie einsteigen, denn im Grunde ist das Training nach Jack Daniels relativ einfach strukturiert. Er unterteilt die Vorbereitungszeit auf einen Wettkampf in vier Phasen, die alle nacheinander durchlaufen werden sollen. Jede Phase erstreckt sich über sechs Trainingswochen – im Idealfall. Anpassungen werden im Buch beschrieben.
Die Schwerpunkte der Phasen sind immer gleich, allerdings unterscheiden sich die Trainingseinheiten entsprechend dem Wettkampfziel. Es gibt mehrere „Qualitätseinheiten“, zu denen z.B. Intervalle und lange Läufe gehören würden. Dazu noch Grundlagen- und Regenerationsläufe. Grundsätzlich wird das Training zum Wettkampf hin spezifischer.
Bei dem im Buch vorgegebenen Trainingsplänen sind die Qualitätseinheiten teilweise stark ausgearbeitet. Das heisst die Länge der einzelnen Intervalle und auch die Tempovorgaben ändern sich innerhalb einer Trainingseinheit mehrfach. Für meine Adaption habe ich die Einheiten etwas vereinfacht, was der Systematik aber keinen Abbruch tut.
Phase 1: Grundlagenausdauer (E)
Diese Phase kann übersprungen werden, wenn man bereits gut im Training ist. Ich kam aus der Vorbereitung für einen 10-km-Wettkampf und bin direkt in Phase 2 eingestiegen. Nach Jack Daniels läuft man in den geplanten sechs Wochen ausschließlich im Bereich der Grundlagenausdauer (E = easy). Die Phase dient auch dazu die Wochenkilometer auf den für die nächste Phase notwendigen Stand zu bringen – zum Beispiel wenn man aus einem reduzierten Wintertraining heraus in den neuen Plan startet.
Phase 2: Wiederholungsläufe (R)
Unter Wiederholungsläufen (Repetition oder einfach nur R) versteht Daniels Wiederholungen von kurzen Sprints, die in einen Grundlagenlauf eingebettet werden. Die Pausen zwischen den Wiederholungen sind so angelegt, dass man sich komplett erholen kann und frisch in die nächste startet. Daniels Meinung nach schult das vor allem die Körperhaltung und eine saubere Lauftechnik.
Damit hat er vollkommen Recht. In der ersten Woche konnte ich das vorgegebene Tempo kaum für eine Wiederholung einhalten. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das überhaupt gehen soll. Meine Beine konnten sich nicht so schnell bewegen wie es notwendig gewesen wäre.
Das war in der zweiten Woche schon deutlich besser, aber erst ab der vierten Woche fing es langsam an Spaß zu machen. Ich konnte nicht nur deutlich mehr Wiederholungen laufen, der ganze Körper hatte sich voll auf diese Belastung eingestellt. Meine Haltung war deutlich aufrechter und stabiler. Die Beine machten plötzlich Frequenzen von 200 Schritten und mehr pro Minute mit.
Für mich hat es total Sinn gemacht sich auf diesen einen Trainingsreiz zu fokussieren und nicht schon gleichzeitig eine Mischung aller Trainingseinheiten im Kalender stehen zu haben. So war auch der Fortschritt von Woche zu Woche sehr gut zu beobachten.
Phase 3: Intervalle (I)
Die Wiederholungsläufe werden in den dritten Phase durch echte Intervallläufe abgelöst. Das bedeutet die Distanz pro Wiederholung erhöht sich leicht, dafür werden die Pausen kürzer und die Tempovorgaben sind etwas geringer. Es kommt aber in den Pausen nicht mehr zu einer vollständigen Erholung, so dass man immer mit einer Vorbelastung in das nächste Intervall startet. Ziel dieser Qualitätseinheiten ist eine Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2max).
Nach den harten Wiederholungsläufen waren die ersten Intervalleinheiten eine Wohltat. Wieder war der Trainingsfortschritt von Woche zu Woche deutlich ablesbar und hat zusätzlich motiviert. Lange Intervalle über einem Kilometer waren wirklich hart für mich und nicht vollständig umzusetzen.
Phase 4: Schwellenläufe (T)
Die Läufe an der anaeroben Schwelle (T für Threshold) machen den Schwerpunkt der letzten Phase aus, in der ich mich gerade befinde. Sie schulen Tempohärte und optimieren die Verarbeitung des anfallenden Laktats in den Muskeln. Daniels arbeitet sowohl mit Cruise Intervals, also Intervallen im Schwellenbereich, als auch mit Tempoläufen, bei denen ein konstantes Tempo über eine längere Zeit gehalten wird.
Für mich fühlten sich die Tempovorgaben zu lasch an, daher bin ich die ersten Läufe schneller als geplant unterwegs gewesen. Ich nehme das mal als gutes Zeichen für den Trainingszustand, denn nicht ohne Grund habe ich vor kurzem meine 10-km-Bestzeit verbessert. Jack Daniels rät allerdings dazu sich trotzdem an die Tempovorgaben zu halten.
VDOT-Berechnung
Die Tempovorgaben für alle Trainingseinheiten entspringen den VDOT-Tabellen aus dem Buch „Die Laufformel“ *. VDOT ist Daniels neu eingeführte Metrik zur Angabe der Leistungsfähigkeit eines Läufers. Es orientiert sich an der VO2max, wird allerdings nicht gemessen, sondern aus den Wettkampfergebnissen berechnet und basiert wohl im Wesentlichen auf Erfahrungswerten. So kann man auch seine äquivalente Leistung auf anderen Wettkampfdistanzen ermitteln.
Wer das Buch gerade nicht zur Hand an, kann diverse Online-Rechner bemühen und erhält alle Vorgaben, die man für das Training nach Jack Daniels braucht. Wer es noch komfortabler und tagesgenau haben will, sollte sich mit Runalyze beschäftigen – dem Trainingstagebuch meiner Wahl.
Mein Trainingsplan
Wie gesagt: ich habe mich zwar an den Prinzipien und Trainingsplänen von Jack Daniels orientiert, aber teilweise eigene Anpassungen gemacht. Der gezeigte Trainingsplan ist mein erstes Experiment was die Umsetzung angeht und sollte nicht ungeprüft übernommen werden!
Um die Streckenlängen der jeweiligen Trainingseinheiten zu ermitteln, habe ich eine weitere Tabelle erstellt.
Das Ganze ist eine Google Tabelle und hat viele schlaue Mechanismen eingebaut, die mir die Erstellung erleichtert haben. So werden zum Beispiel die Wochenkilometer zwischen zwei vorgegebenen Werten interpoliert, die langen Läufe daraus abgeleitet und bei den Trainingseinheiten automatisch Name und Distanz ergänzt, wenn das Kürzel eingetragen wird. Der Lauf am Freitag füllt immer die Lücke zwischen bereits geplanten Einheiten und den Wochenkilometern.
Fazit
Bisher bin ich von meinem ersten selbst-geschriebenen Trainingsplan ganz begeistert. Der Trainingserfolg ist da und die Prognosen für Köln sehen besser aus, als ich es erwartet hätte. Ich bin mir sicher, dass ich die Prinzipien von Jack Daniels weiter in meiner Trainingsgestaltung berücksichtigen werde.