Der Halbmarathon in Köln war mein Saison-Highlight in diesem Jahr. Die lange Vorbereitung wurde mit einem echt genialen Wochenende belohnt. Darüber gibt es so viel zu erzählen, dass ich locker drei Artikel schreiben könnte. :)
Inhalt / Content
Vorgeschichte
Schon im letzten Jahr war die Entscheidung gefallen, gemeinsam mit Norbert den Köln Halbmarathon 2016 zu laufen. Und so war die Anmeldung eines der ersten Dinge, die ich in diesem Jahr erledigt habe. Vielleicht war das etwas zu früh, denn beim Saucony-Bloggertreffen in München gab es das Angebot, für das Team des Herstellers zu starten – Startplatz inklusive. Saucony ist in diesem Jahr einer der Hauptsponsoren beim Marathon in Mainz und Köln gewesen. Natürlich bin ich Teil des Teams geworden – so wie viele der anderen auch.
Training
Nach dem Training für das Projekt 44 im Frühjahr, bin ich bereits Ende Mai in das konkrete Training für Köln eingestiegen. Das bedeutet insgesamt 18 Wochen Vorbereitungszeit auf das große Ziel einen Halbmarathon in weniger als 100 Minuten zu absolvieren. Das wäre eine Verbesserung meiner Bestzeit um fünf Minuten.
Ich hatte mich entschlossen nicht nach Steffnys Plänen zu trainieren, sondern mir einen eigenen Plan nach den Prinzipien von Jack Daniels geschrieben. Das war natürlich ein Stück weit Experiment. Auf meinem Leistungsniveau aber sicher kein großes. ;)
Als kleines Highlight und besondere Motivation kam dann gut einen Monat vor dem Start in Köln auch noch ein Paket von Saucony für mich an. Inhalt: das limitierte Sondermodell des Kinvara für das 20. Jubiläum des Köln Marathons. Total geil. :) Denn dass ich einen Kinvara 7 laufen würde, war mir sowieso klar. Jetzt also sogar in #schwarzrotschnell.
Kurz danach gab es noch eine Einladung für den Samstag mit einer kleinen Agenda für das Saucony-Team. Somit war klar, dass ich das Highlight-Wochenende richtig zelebrieren kann. Mit allem, was dazu gehört. :)
Running.EXPO
Am Samstagmorgen machte ich mich also sehr früh auf den Weg nach Köln. Zum Einen wollte ich dem Verkehr zuvor kommen, zum Anderen war ich noch nie auf einer Marathonmesse und wollte dort vor dem offiziellen Programm noch etwas Zeit verbringen. Unter der Vielzahl von Herstellern waren neben Saucony auch noch andere, zu denen ich gute Kontakte habe und einfach mal Hallo sagen wollte. Leider waren nur in den seltensten Fällen wirklich die Firmen selbst vertreten, sondern eher der Fachhandel vor Ort.
Dafür bin ich schon direkt im Eingangsbereich auf Sarah und Patrick von Love2RunHappy gestossen und habe später auch noch Dirk, einen der KölnMarathon-Botschafter, wiedergetroffen. Sarah hatte die Gelegenheit genutzt ihren Laufstil im Stride Lab untersuchen zu lassen, weil so früh morgens noch nicht viel los war. Das habe ich ihr später nachgemacht… ;)
Saucony Stride Lab
Die typische Laufband-Analyse beim Kauf eines neuen Schuhs im Fachgeschäft kennt wahrscheinlich jeder. Längst ist klar, dass dabei der Blick auf das Sprunggelenk nicht reicht, um den Laufstil und damit passende Schuhmodelle zu bestimmen. Pronation und Supination sind nur wirklich zu beurteilen, wenn der gesamte Bewegungsapparat betrachtet wird – von mehreren Seiten.
Diesen Ansatz des Saucony Stride Lab hatten wir schon beim Bloggertreffen genau erläutert und demonstriert bekommen. Jetzt war also die Gelegenheit da, selbst vermessen und beurteilt zu werden.
Für die Auswertung war wirklich ausreichend Zeit und so habe ich einiges über mich gelernt. Zum Beispiel, dass mein gefühlt unrunder Laufschritt gar nicht so schlecht ist. Hüfte stabil, Beinachsen stabil, lange Abdruckphase – alles ganz prima. An meinem Kniehub und der Rotation des Oberkörpers könne ich noch arbeiten. Aber wirklich etwas auszusetzen hatte der Saucony-Experte nicht.
Sogar der befürchtete unökonomische Fersenaufsatz stellte sich als nicht vorhanden heraus. Ich lande sehr schön im Mittelfußbereich und könne dank meines Laufstils sicher ganz gut gering gedämpfte Neutralschuhe laufen. Eine besondere Pronation war nicht zu entdecken. Es gab übrigens keine konkrete Schuh-Empfehlung – auch nicht aus den eigenen Modellen. Saucony hat sich auf die Fahne geschrieben mit dem Stride Lab die Wahl des richtigen Schuhs zu erleichtern, ohne die Analyse als „Verkaufsveranstaltung“ zu benutzen. Was natürlich nicht bedeuet, dass sie nicht etwas passendes im Angebot hätten. ;)
Empfang im Hotel
Nach einer kurzen Stärkung ging es dann ins Hotel. Dort trafen nach und nach alle Akteure ein, die beim Marathon, Halbmarathon oder der Staffel starten würden. Wir wurden sehr herzlich vom Saucony-Team begrüßt. Neben vielen bekannten Gesichtern waren auch viele neue dabei. :)
Zur Einstimmung durften wir ein wenig hinter die Kulissen gucken, wie so ein Sondermodell wie der Kinvara Köln entwickelt wird. Neben vielen Hintergrundinformationen waren auch unterhaltsame Details dabei – wie zum Beispiel, dass man in den USA zunächst nicht verstanden hat, warum ein Schuhmodell für Köln auf genau 1.111 Modelle limitiert sein sollte… ;)
Stadtführung
Mit ein wenig Kaffee und Fingerfood gestärkt, ging es dann kurz darauf zum Neumarkt, um uns mit Petra zu treffen – unserer kundigen Begleiterin für die Rotlicht-Tour… Mit gemäßigtem Kölner Dialekt, aber viel rheinischem Humor, führte sie uns zweieinhalb Stunden an die Schauplätze der Kölner Puff-Szene. Es gab nicht nur originelle Geschichten und „Insider-Wissen“, sondern tatsächlich die Geschichte der Prostitution in Köln seit den Römern.
Wie der Zufall es wollte, spielte am Samstag Köln gegen München – Sauconys Standort in Deutschland. Da wurde der Besuch der Kneipe ein wenig ausgedehnt, um bei echter Stadion-Atmosphäre noch das Ende des Spiels zu gucken.
Gemütlicher Ausklang
Zum Abendessen blieben wir zusammen, denn man hatte reserviert. Im „Schmitze Lang“ begrüßte uns (stilecht in Joggingbuxe) der Ex-Pascha-Manager Roger Witters – wohl nicht zufällig auch Mitinhaber des „Grünen Ecks“ vom Nachmittag… ;) Der Laden hatte eigentlich noch gar nicht eröffnet. Wir durften die ersten Gäste sein und lecker essen. Mit den anderen Halbmarathon-Startern machte ich mich dann frühzeitig auf den Weg zurück ins Hotel. Wir verabredeten uns zum Frühstück für 5:30 Uhr…
Vor dem Start
Ich war zwar um 22 Uhr im Bett, aber geschlafen hatte ich sicher nicht vor halb zwölf. Erstmals konnte ich mich auf mein Handy als Wecker nicht verlassen und wurde um kurz nach fünf vom Backup-Wecker (meiner Ambit3 am Handgelenk) geweckt. Im Frühstücksraum war ich nicht der erste Läufer. Die meisten trudelten aber erst nach und nach ein.
Ich beschloss mich zu Fuß auf den Weg zum Start am Ottoplatz zu machen und nicht die Bahn zu nehmen. So konnte ich die Atmosphäre entlang der Strecke richtig aufsaugen. War echt schön.
Im Startbereich war natürlich schon ordentlich was los. Norbert war schnell gefunden und wir brachten erstmal unsere Kleiderbeutel weg. Dafür standen einige Dutzend UPS-Fahrzeuge bereit, welche die Klamotten zum Zielbereich bringen würden. Anschließend liefen wir uns kurz warm bevor es in den Startblock ROT ging.
Wie wir mit unserer Zielzeit in den ersten Startblock rutschen konnten, war uns ein Rätsel. Hatte schon etwas Besonderes ganz vorne im Feld der über 14.000 Starter zu stehen und mit als erste über die Linie laufen zu können.
Los geht’s!
Nach dem Startschuss dauerte es noch eine ganze Weile bis wir wirklich ins Laufen übergehen konnten. Einige Engstellen auf dem ersten Kilometer führten immer wieder zu Staus, so daß wir zunächst deutlich unter dem geplanten Schnitt unterwegs waren. Die Taktik war auf den ersten 14 Kilometern mit etwa 4:50 min/km unterwegs zu sein, um dann in Richtung 4:40 min/km und mehr zu beschleunigen.
Den gewünschten Schnitt hatten wir nach etwa vier Kilometern wieder erreicht. Soweit man das überhaupt sagen kann. Denn zwischen den Häusern war der GPS-Empfang doch deutlich beeinträchtigt, so daß wir immer mal wieder einen Pace-Abgleich zwischen unseren Uhren machen mussten. Rückblickend waren wir nicht einen Kilometer im Plan…
Die ersten zehn Kilometer hatten wir nach genau 48 Minuten hinter uns und waren demnach nur ein wenig zu schnell. Es lief aber auch einfach ziemlich gut. Das Wetter war ideal: sonnig und etwas kühl. Dazu kamen die vielen anderen Läufer und natürlich der Jubel der Zuschauer. Immer wieder wechselten sich ruhige und laute Bereiche ab. Und gerade die lauten gaben immer einen extra Schub.
Etwa um Kilometer 14 machte sich mein linker Fuß bemerkbar. Der Zeh hatte vorne nicht genug Platz. Schnürung? Socken? Ich war damit beschäftigt herauszufinden, ob ich ihn irgendwie entlasten kann und habe gar nicht bemerkt, dass ich dabei immer schneller wurde. Irgendwann viel mir auf, dass Norbert nicht mehr neben mir, sondern hinter mir lief. 4:20 min/km waren ganz sicher nicht der Plan… ;) Aber wie gesagt: es lief ja auch einfach gut.
Letztes Drittel
Kurz vor Kilometer 18 wurden das Laufen deutlich schwerer für mich. Eigentlich hätten wir nun noch etwas drauflegen wollen, aber ich war schon froh die etwa 4:45 min/km halten zu können. Ab dem Rudolfplatz schien die Anstrengung exponential zu steigen, obwohl die Pace eher zu sinken begann. Irgendwie wurde mir das alles zu anstrengend und ich begann innerlich zu fluchen.
Am Neumarkt gab ich Norbert zu verstehen, dass er laufen solle, wenn er noch was im Tank hat. Eine Situation, die ich mittlerweile kenne… ;) Denn Norbert hat dann noch was im Tank und war relativ schnell nach vorne verschwunden. Nach letzter Prognose lagen wir im Zeitplan, das heisst eine Zielzeit unter 1:40h schien möglich. Allerdings war die KM-Anzeige meine Uhr immer schon ein Stück weiter als die Streckenkilometer, so daß wahrscheinlich kaum Puffer blieb. Ich hoffte zumindest Norbert würde es schaffen und gab einfach alles, was bei mir noch drin war.
Im Ziel
Viel war da nicht mehr als es in die Hohe Straße ging. Ich musste sogar Geschwindigkeit raus nehmen, um nicht vorzeitig zu platzen. :( Der Dom war mittlerweile zum Greifen nach und ich entdeckte die Fußgängerbrücke, die ich morgens auf dem Hinweg kurz vor dem Ziel schon passiert hatte. Also nochmal alle Kräfte mobilisieren. Gar nicht so einfach auf dem Kopfsteinpflaster. Und fatal, wenn es mehr als eine Brücke gibt… ;) Aber jetzt war es eh schon zu spät.
Da war der Dom! Endlich… Links runter war schon der rote Teppich zu sehen. Erstaunlich, was man dann noch für Reserven mobilisieren kann. Angeblich bin ich etwa mit 4:00 min/km über die Ziellinie. Angefühlt hat es sich auf jeden Fall so ähnlich. Handgestoppt hatte ich 1:40:58 auf der Uhr. Offiziell war es sogar noch eine Sekunde weniger. Weltrekord! Oder zumindest: neue persönliche Bestzeit! Norbert war schnell entdeckt. Leider hatte er das geheime Ziel auch knapp verpasst. Aber egal: wir waren beide mit einer Hammer-Zeit im Ziel.
Ich musste mich bewegen, um stabil zu bleiben. Denn ich war echt kaputt… Zum Glück gab es rechts und links alles, was das Läuferherz begehrt. Und so griffen wir während der Nachbesprechung des Rennens immer mal zu. Das schöne Wetter hatte sich mittlerweile verzogen und trotz Warmhaltefolien war es teilweise ganz schön kühl.
Am Ende des Zielbereichs traf Norbert auf ein bekanntes Gesicht und auch ich versuchte meine Familie zu erreichen. Gemeinsam schlenderten wir zur Kleiderbeutelausgabe, die genau so perfekt organisiert war wie die Abgabe am Morgen. Dann ging es die Strecke zurück Richtung Rudolfplatz bzw. für mich direkt ins Hotel, das wirklich nah am Zielbereich lag. Punkt 11 Uhr stand ich unter der heißen Dusche und freute mich einfach darüber es geschafft zu haben und ausserdem diesen Luxus genießen zu dürfen. Danke nochmal an Saucony für die Einladung und die tolle Betreuung. :)
Schlussgedanken
Was für ein geniales Wochenende. Ganz klar war das mein sportliches Highlight in diesem Jahr – mit Abstand. Ich habe ohne Verletzung oder Krankheit auf den Köln Halbmarathon trainieren können. Die Veranstaltung war top organisiert, die Stimmung richtig gut und das Wetter einfach nur ideal. Dazu noch das fantastische Rundum-Paket als Läufer für Saucony… Mehr kann man sich nicht wünschen. Naja, gut… etwa 1 Minute schneller unterwegs gewesen zu sein vielleicht. Das heimliche Ziel, einen Halbmarathon in weniger als 100 Minuten zu finishen. Aber so bleiben halt noch Ziele. :)