Am Ende der letzten Laufsaison hatte ich Schwierigkeiten ein positives Fazit zu ziehen (siehe Beitrag). Ich konnte nicht mehr an die erfolgreichen Jahre davor anschließen und habe mich gefragt woran das wohl liegt. Daher habe ich beschlossen mal einen Fachmann auf mein Training gucken zu lassen.
Hinweis: Ich habe das „Level Up“ aus eigenem Interesse gemacht und den (fairen) Preis gerne dafür bezahlt. Der Beitrag ist frei verfasst und gibt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wieder.
Inhalt / Content
Hintergrund
Bisher war ich immer mein eigener Trainer bzw. habe mich an den Plänen von Steffny, Jack Daniels oder Friel orientiert. Daraus sind dann irgendwann eigene Pläne geworden, die ich mir nach bestem Wissen und Gewissen aus diesen Vorlagen destilliert habe – immer verbunden mit dem Wunsch, die zu Grunde liegenden Trainingsprinzipien zu verstehen und das Training an wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten. Jedenfalls soweit mir das als Laien möglich ist.
Damit liegt natürlich Michael Arend mit seinem Trainerteam ganz auf meiner Wellenlänge. Er war schon eine gute Hilfe als ich in das Training mit dem Stryd eingestiegen bin – seine Videoreihe dazu ist immer noch online. Daher habe ich auch seinen Trainingsplan für den Rennsteiglauf benutzt, um mich auf den Ibbenbürener Klippenlauf vorzubereiten.
Für mich ist aber der Sprung von einem (günstigen) vorgefertigten Trainingsplan zur dauerhaften Buchung eines Coaching-Angebotes immer zu groß gewesen. Ich habe ja auch Spaß daran zu experimentieren und meine eigenen Erfahrungen zu machen. Doch mit dem „Level Up“ gibt es seit kurzem einen attraktiven Zwischenschritt, zu dem ich mich nach Michaels Live-Stream entschlossen habe.
Ablauf „Level Up“
Das „Level Up“ kostet 75 Euro und lässt sich über die Website von Michael Arend Training buchen. Durch die Anmeldung erhält man auch Zugriff auf den Athletenbereich dort und kann sich das (wirklich gut gemachte) Trainingshandbuch herunterladen. Darauf verweist auch die E-Mail, die man kurz nach der Buchung erhält.
Fragebogen
Die E-Mail führt auch zum Fragebogen, der einige grundlegende Angaben festhält. Dafür sollte man seine Wettkampfergebnisse parat haben und sich darüber klar sein, was man mit seinem Training und der „Level Up“-Analyse erreichen möchte.
Abschließend legt man darin fest, wann man die drei Testläufe machen kann und wann man Zeit für das Auswertungsgespräch hat.
Nach dem der Fragebogen verschickt ist, erreicht mich eine zweite E-Mail, die meinen TrainingPeaks-Account mit dem Coach-Konto von Michael Arend Training verknüpft. Zur Analyse des Trainings werden natürlich alle verfügbaren Daten gebraucht, die bei mir sowieso auf der Plattform liegen.
Sportpraktische Tests
Nach der Verknüpfung über TrainingPeaks geht die Kommunikation dort weiter (alternativ bekommt man auch eine Telefonnummer und die E-Mail-Adresse des zuständigen Trainers). Wie angekündigt tauchen an den von mir vorgeschlagenen Daten die drei Testläufe in meinem Kalender auf. Zwei davon kann man an einem Tag machen.
Es geht los mit der Bestimmung der anaeroben Schwelle – also 45 Minuten laufen auf Zeit. Quasi ein 10-km-Wettkampf, nur ganz alleine. ;) Ich habe mir dafür einen sonnigen (aber kalten) Vormittag ausgesucht und eine möglichst flache Strecke gewählt.
Ich hatte zwar eine Vorstellung davon welche Pace ich über die Zeit durchhalten könnte, bin aber letztendlich nach Gefühl gelaufen. Das hat sogar zu einem recht gleichmäßigen Tempo geführt, so dass ich ohne Einbruch und schneller als erwartet durch kam.
Nach einem Ruhetag folgte dann die Bestimmung der aeroben Fähigkeiten und ein VO2max-Test. Dafür ging es auf die Laufbahn. Auf dem Weg dorthin konnte ich den ersten Test schon absolvieren: 25 Minuten nach strikter Herzfrequenzvorgabe, die mir nach dem ersten Test per TrainingPeaks vorgegeben wurde. Es folgte ein schneller Lauf über 6 Minuten auf der Bahn – All Out.
Auch den Teil bin ich eher nach Gefühl gelaufen. Sechs Minuten können ganz schön lang werden… ;) Aber ich hatte das Gefühl auch hier wieder gut abgeliefert zu haben, so dass ich meine Daten beruhigt hochladen konnte.
Auswertungsgespräch
Was mit diesen und meinen historischen Trainingsdaten dann geschieht, erklärt Michael im Video oben ganz gut. Er jagt alles durch seine schlauen Charts in WKO4 und zieht daraus seine Erkenntnisse. Daher braucht es nach den Tests ein paar Tage, bis wir uns zum Auswertungsgespräch verabreden.
Es folgte eine Einladung zu einem Video-Meeting, damit wir gemeinsam auf die Daten gucken können. Erstmal gab es ein allgemeines Feedback zu meiner Leistungsentwicklung der letzten 1-2 Jahre, seine Beurteilung meiner Stärken und Schwächen sowie eine Analyse meines jüngsten Trainings (Wettkampfvorbereitung) samt Hinweisen zu einzelnen Trainingseinheiten. Abschließend gab mir Micha konkrete Vorgaben mit, wie ich mein Training in den nächsten 8-12 Wochen angehen sollte, um die gesteckten Ziele zu erreichen.
Erkenntnisse
Fangen wir mal mit dem Positiven an: im Bereich der anaeroben Schwelle bin ich scheinbar ganz gut aufgestellt und liege eher über dem Durchschnitt von ca. 300 Probanden. Bei der VO2max sieht das nicht mehr so rosig aus und im aeroben Bereich wird es dann noch finsterer. Daher:
Aerobe Maschine verbessern
Ich verbringe zu wenig Trainingszeit in Zone 2, weil ich anscheinend zu schnell und zu oft in Zone 3 rutsche. Dazu kommen häufig zwei schnellere Trainingseinheiten pro Woche, was im Verhältnis einfach zu viel ist. Daher heisst es für die nächsten Wochen: viel mehr Zeit in Zone 2 verbringen.
Mehr Zeit oberhalb der Schwelle verbringen
Meine Stärke an der anaeroben Schwelle resultiert natürlich aus der dort verbrachten Trainingszeit. Das hilft aber weder der (langfristigen) Entwicklung der VO2max noch der aeroben Fähigkeiten so wirklich weiter, weshalb ich deutlich polarisierter trainieren soll. Ein Mal pro Woche ist jetzt also Intervalltraining dran, mit dem Ziel nach und nach mehr Zeit oberhalb von 90% der VO2max zu verbringen.
Mehr trainieren!
Am Training der letzten Wochen (und auch aus der Vergangenheit) sieht man deutlich, dass ich pro Woche mindestens fünf Stunden trainieren sollte, um mich zu entwickeln. Und das ausserhalb der konkreten Wettkampfvorbereitung im oben beschriebenen Schlüssel von 80/20. Es dürfen gerne auch sechs Einheiten pro Woche sein statt vier, dafür dürften dann die langen Läufe wegfallen.
Mein Fazit
Ich muss ja selbst zugeben: die kurze Zusammenfassung der Ergebnisse meines „Level Up“ hören sich nicht gerade nach Raketenwissenschaft an. ;) Hätte ich da nicht selbst drauf kommen können? Ja und nein. Natürlich kenne ich die Prinzipien des polarisierten Trainings und hätte auch gesagt, dass ich mein Training grob so aufbaue. Nochmal gespiegelt zu bekommen, dass ich dann aber trotzdem immer wieder die falschen Reize setze, ist schon sehr hilfreich. Dazu kommt noch, dass mir Micha natürlich immer das Warum noch genauer erklärt hat – konkret auf mich und mein Training bezogen.
Auch die Einschätzung meiner Stärken und Schwächen hätte ich unmöglich alleine machen können. Ich sehe zwar meine Daten, habe aber natürlich keinen Vergleich. Jetzt habe ich gute Anhaltswerte, weiß konkret wie ich diese verbessern kann und auch, wie ich deren Entwicklung im Blick behalte. Und das alles nicht auf Basis meines gefährlichen Halbwissens, sondern von einer verlässlichen Quelle.
Letztendlich müssen die nächsten 8-12 Wochen zeigen, ob ich es schaffe die Vorschläge umzusetzen und ob sich dadurch wirklich eine Verbesserung meiner Leistung in den gewünschten Bereichen ergibt. Mir hat das Level Up aber auf jeden Fall geholfen, mein bisheriges Training besser einzuschätzen und es anhand Michas konkreter Hinweise sinnvoll weiter zu entwickeln.