Seitdem ich im letzten Jahr einen Halbmarathon-Trainingsplan nach Jack Daniels erstellt habe, arbeite ich mit dieser Excel-Tabelle als Planungsgrundlage. Sie hat sich mittlerweile stark verändert und ist zu einem mächtigen Werkzeug für mich geworden. Hier mal ein kleiner Einblick in den aktuellen Stand.
Disclaimer: ich bin weder Trainer noch sonstwie qualifiziert, einen Trainingsplan zu erstellen. „Gefährliches Halbwissen“ ist das Zauberwort. ;) Ich kann also nur davon abraten, den gezeigten Plan oder auch nur Teile davon ungeprüft zu übernehmen! Michael Arend hat in einem Gastbeitrag allerdings ergänzend über die Prinzipien des Trainings geschrieben.
Inhalt / Content
Grundstruktur
Aus einem Tabellenblatt sind im Lauf der Zeit fünf geworden. Fangen wir mal hinten an:
Trainingseinheiten
Ich finde die Einteilung von Jack Daniels weiterhin sehr sinnvoll für mich. Es gibt in seinem System Grundlagenläufe, Wiederholungsläufe, Intervalle und Tempo- bzw. Schwellenläufe. Da diese in aufsteigender Belastungsintensität in das Training eingebaut werden, habe ich diese Abstufungen vordefiniert und somit so eine Art Standard-Katalog für mich entwickelt. Teilweise unterscheide ich in Einheiten, die eher zu einem 10-Kilometer-Trainingsplan gehören und Einheiten für einen Halbmarathon. Wobei es da genau genommen keine klare Grenze gibt.
Nach Jack Daniels werden die Tempi für die Einheiten entsprechend dem aktuellen VDOT des Athleten vorgegeben. Meinen Stand lese ich weiterhin einfach bei Runalyze aus und trage die Pace-Vorgaben in die Tabelle ein.
Für Intervalle habe ich ein eigenes Berechnungsblatt, um die optimalen Geschwindigkeiten und Belastungs- bzw. Pausenlängen zu bestimmen. Die leiten sich von der angestrebten Wettkampf-Pace ab und werden von den langen zu den kurzen Intervallen immer um 5% schneller. Die Anzahl der Wiederholungen ergeben sich dann durch ein Aufteilen der ansteigenden Streckenlängen im Intervalltempo. Große Abweichungen zu den Jack Daniels Vorgaben gibt es dadurch zwar nicht, aber es ist einfacher mit den Intervalllängen zu spielen.
Im Tabellenblatt wird für jede Trainingseinheit die notwendige Streckenlänge (samt Ein- und Auslaufen) ermittelt, die (ungefähre) Dauer der Einheit, eine Schätzung des TSS und die Zeit in Herzfrequenzbereichen. Daran ist schon zu erkennen, dass ich zwei weitere Prinzipien in meinen Plan eingebaut habe: eine Belastungssteuerung nach dem TrainingPeaks-System und das 80/20-Training.
Exkurs: Training Stress Score (TSS)
Die Belastung nach Kilometerumfang oder Zeit zu steuern, finde ich zu ungenau. Denn das läßt die Intensität der Einheiten unberücksichtigt. Das TRIMP-System von Banister dagegen orientiert sich zumindest an der Herzfrequenz zur Einschätzung der Belastung und ist weit verbreitet. Weiter entwickelt ist aber der Training Stress Score, der sich für Radfahrer nach der getretenen Leistung in Watt und dessen Einordnung in Bezug auf die maximale Leistungsfähigkeit richtet. Für Läufer sieht das System vor, den rTSS über die Pace zu ermitteln. Wer es noch genauer wissen will, sieht hier nach.
Für meine Umsetzung in die Tabelle habe ich einen eher handwerklichen Weg gewählt. Aus jeweils fünf typischen Trainingseinheiten habe ich (persönliche) Umrechnungsfaktoren ermittelt, mit denen ich vom Kilometerumfang auf den TSS schließen kann. Diese grobe Herangehensweise ist mir genau genug, um damit um Plan arbeiten zu können.
Exkurs: 80/20-Training
Das zweite Prinzip, das Einzug in meine Trainingsplanung gefunden hat, basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Stephen Seiler. Er hat sich angesehen wie die Verteilung der Belastungsintensität bei Elitesportlern über das Jahr aussieht und ist auf eine interessante Gemeinsamkeit gestossen: sie verbringen etwa 80% ihrer Trainingszeit mit aeroben Grundlagentraining und nur 20% mit intensiveren Einheiten.
Verschärfend gibt es noch den Ansatz des polarisierten Trainings, das bei den intensiven Einheiten noch zwischen der Zeit unterhalb der anaeroben Schwellen und oberhalb davon unterscheidet. Trainingswirksame Reize verspricht man sich hier vor allem von umfangreichen Grundlagen und sehr intensiven Einheiten oberhalb der Schwelle.
Ich führe für meine Standard-Trainingseinheiten mit, wie viel Zeit davon in den Grundlagenbereich fällt und wie viel darüber liegt. So kann ich im Trainingsplan monatsweise sehen, wo der Schwerpunkt lag.
Denn bei einer Analyse der letzten beiden Laufjahre mittels WKO4 musste ich feststellen, dass die Verteilung eher so 50/50 war – selbst in angeblichen Grundlagenphasen. Bei einer genauen Betrachtung wurde schnell klar, dass ich die langsamen Läufe zu schnell und die schnellen Läufe zu langsam gelaufen bin. Die Aussage hört sich irgendwie bekannt an, oder? ;)
Seit ich auf das 80/20-Prinzip achte, sieht das schon ganz anders aus. Trotzdem komme ich nach drei Monaten Grundlagentraining nicht auf eine Verteilung von 100/0 (was ja zu erwarten wäre), sondern eher auf 90/10 oder maximal 85/15, wenn ich einen Wettkampf rausrechne. Es ist manchmal einfach schwierig aus der „Tempozone“ raus zu bleiben – was oft garnicht an der Geschwindigkeit liegt, sondern viel häufiger an der Herzfrequenz bei Anstiegen.
Periodisierung
Auch hier möchte ich mich weiter an den Prinzipien von Jack Daniels orientieren. Im Kern bedeutet das, zum Rennen hin immer spezifischer zu trainieren. Nach den Grundlagen also erstmal die ganz schnellen Wiederholungsläufe, dann schon etwas langsamere Intervalle bevor es kurz vor dem Wettkampf die Schwellenläufe annähernd im Renntempo gibt.
Daniels sieht dafür Blöcke von jeweils sechs Wochen vor, was sich nicht so ganz mit meinem gewohnten Rhythmus von drei Belastungs- und einer Erholungswoche passt. Viel sympathischer ist mir da die Einteilung von Joe Friel aus seiner Trainingsbibel für Triahtleten * (ein System, das auch für die Erstellung von Trainingsplänen in TrainingPeaks benutzt wird). Dort gibt es drei „Base“-Monate, gefolgt von zwei „Build“-Monaten, einer kurzen „Peak“-Phase vor den Rennen und einer Übergangsphase danach.
Auf diese Monatsblöcke bekomme ich meine Jack-Daniels-Phasen ganz gut übertragen. Ist natürlich ala Frankenstein und in keinster Weise zur Nachahmung empfohlen, aber für mich funktioniert das einfach ganz gut. So werden aus meinen kleinen Bausteinen (den Trainingseinheiten) Monatsmodule, die sich dann im Kalender sinnvoll verteilen lassen.
Der Belastungsumfang pro Woche errechnet sich automatisch aus der Angabe der geplanten durchschnittlichen TSS/w. Über einen Verteilungsschlüssel wird diese Angabe dann auf die jeweiligen Wochen in den Trainingsphasen übertragen. Für die vier Trainingseinheiten pro Woche wird von dieser Zahl aus dann zurück gerechnet. Die ersten beiden Qualitätseinheiten bringen ihren TSS ja aus der Einheitentabelle mit. Den langen Lauf am Wochenende lege ich manuell fest. Aus dem verbliebenen TSS errechnet sich dann die Länge des Füll-Laufs – samt Logik-Prüfung. Sollte er unter 6 km lang sein, wird er nicht in den Plan eingetragen. Ist er rechnerisch sogar länger als der lange Lauf (oder sehr nahe dran), macht mich eine rote Zahl darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt.
Trainingsplan
So vorbereitet verteile ich dann die geplanten Wettkämpfe auf dem Trainingsplan. Je nach Priorität der Läufe plane ich die Vorbereitungszeit darauf und verteile entsprechend die Wochen aus der Periodisierung. Dazu reicht es die Bezeichnung in die zweite Spalte einzugeben und alle geplanten Einheiten der Woche werden übertragen. Zuletzt lege ich die langen Läufe fest, die von den Vorgaben in der Periodisierung abweichen können. Der Füll-Lauf berechnet sich ja sowieso automatisch und die anderen beiden Einheiten werden davon nicht weiter berührt.
Ursprünglich hatte ich die Wochentage für die vier Trainingseinheiten mit in den Plan geschrieben und damit festgelegt. Obwohl ich versuche meine Standard-Tage zum Laufen beizubehalten, muss ich immer wieder auf Ereignisse reagieren und die Woche neu ordnen. Idealerweise natürlich so, dass keine zwei harten Einheiten direkt aufeinander folgen, sondern immer ein Ruhetag dazwischen liegt. Klappt leider auch nicht immer…
So komme ich also zu einem Jahres-Trainingsplan, der natürlich regelmäßig angepasst werden muss. Wenn es schlecht läuft wegen notwendiger Trainingspausen und wenn es gut läuft zur Anpassung an den neuen Leistungsstand. Der gesamte Weg mag sich hier jetzt sehr lang und kompliziert anhören (und ist es vielleicht auch), aber dieses System habe ich halt über lange Zeit entwickelt und für mich ist es ein sehr effektives Werkzeug.
Genau genommen ist die „Arbeit“ damit auch noch nicht zu Ende, denn ich übertrage den Plan monatsweise in TrainingPeaks… Das hat für mich den Vorteil, dass ich einen Soll-/Ist-Vergleich machen kann und alle Einheiten automatisch in meinen Google Kalender übertragen werden (der auch hier in der Seitenspalte zu sehen ist). Das spontane Verschieben von Lauftagen mache ich daher auch auf der Plattform und nicht in meinem Jahresplan.
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