Als ich mich vor einem Jahr erstmalig mit der Elektrostimulation im Zusammenhang mit dem Lauftraining beschäftigt habe, war ich zunächst skeptisch. Doch die Anwendung hat mich überzeugt und ich benutze die Geräte seit dem regelmäßig.
Mich hat allerdings die Frage nicht los gelassen, ob die deutlich teureren Geräte des Marktführers auf dem Gebiet auch deutlich besser sind. Mit dem Compex Sport 6.0 hatte ich nun die Gelegenheit, eines der Top-Geräte auf dem Markt zu testen.
ProdukttestCompex SP 6.0
Compex SP 6.0
929 Euro
5 Wochen
Erster Eindruck
Mein Testgerät kam in einem beeindruckend großen Karton und hatte so einige Extras dabei, die normalerweise als Zubehör erworben werden müssen.
Das SP 6.0 nutzt bereits die Wireless-Technologie. Daher besteht die eigentliche Einheit aus dem zentralen Steuergerät und den Modulen. Zur Aufbewahrung und als Ladestation ist eine funktionale Box dabei.
Während des Ladevorgangs dient das Steuergerät als Anzeige für den Ladestatus – eine sehr geschickte Lösung wie ich finde. So ist es auch kein Problem, das System immer betriebsbereit zu haben, wenn es gebraucht wird.
Das Steuergerät übernimmt ansonsten die Programmauswahl, schlägt die Platzierung der Module je nach Anwendungsfall vor (bildlich) und steuert die Stärke der insgesamt vier möglichen Kanäle.
Mein Testgerät wurde mit vier Modulen geliefert, von denen ich aber nie mehr als zwei gleichzeitig benutzt habe. Die Modulpaare sind jeweils mit einem Kabel verbunden und verfügen über einen kleinen Power-Taster.
Neben den Geräten braucht man zur Anwendung noch Elektroden, die auf der Haut platziert werden. Auf diese werden dann die Module gesteckt (daher die kleinen Nasen auf der Oberseite).
Zur Anwendung schaltet man also alle Geräte ein, wählt das gewünschte Programm aus, platziert die Elektroden entsprechend der Vorgabe und startet den Ablauf.
Das Einsatzspektrum des Compex SP 6.0 ist ziemlich breit gefächert. Zur Auswahl stehen folgende Programme:
[alert type=white ] Konditionstraining:Ausdauer / Anaerobie / Kraft / Schnellkraft / Cross Training / Rumpfstabilisation / Muskelaufbau / Muskeltraining / Aufwärmen / Kapillarisation
Erholungsmassagen:
Trainingserholung / Wettkampferholung / Entspannugsmassage / Anti-Muskelkater / Regenerationsmassage
Schmerzbehandlung:
Schmerzbehandlung TENS / Akuter Schmerz / Muskelschmerz / Nackenschmerzen / Rückenschmerz / Sehnenentzündung / Schwere Beine / Krampfvorbeugung
Rehabilitation:
Muskelatrophie / Muskelkräftigung
Fitness:
Arme festigen / Oberschenkel straffen / 6-Pack Training / Bauchmuskeltraining / Gesäss formen[/alert]
Erfahrungen bei der Anwendung
Für den Läufer bietet das Compex SP 6.0 also viele Möglichkeiten. In der Praxis haben sich für mich im vergangenen Jahr drei Schwerpunkte für die Elektrotherapie herausgestellt: Ersatz für eine Trainingseinheit, Trainings- oder Wettkampfnachbereitung und die Schmerzbehandlung.
Intensiv getestet habe ich bei SP 6.0 in den letzten Wochen vor allem die Programme „Ausdauer“ und „Trainingserholung“. Dabei ist mir direkt eine technische Besonderheit der Compex-Geräte aufgefallen: mi-Scan. Bisher kannte ich es nur so, dass nach der Programmauswahl direkt die Stärke des Stroms geregelt wird. Und das auch nur nach persönlichem Empfinden, also mit dem Leitfaden „über das erste Kribbeln hinaus gehend, aber nicht bis in den Schmerz hinein“.
Die mi-Scan-Technologie scannt vorher aber noch die entsprechende Muskelgruppe und passt die Einstellungen der Stimulation daran an – so der Hersteller. Für mich als Anwender gibt es dadurch bei der manuellen Einstellung der Stromstärke eine Rückmeldung im Display, ab wann die optimale Stärke erreicht ist. Man braucht sich also nicht auf sein Gefühl verlassen, sondern bekommt eine echte Empfehlung (die man natürlich auch über- oder unterschreiten kann).
Das hat häufig zu niedrigeren Intensitäten geführt, als ich sie selbst gewählt hätte. Aber auch dazu, einfacher beide Seiten auf ein Niveau zu bringen. Denn selbst bei anscheinend gleicher Positionierung der Elektroden auf beiden Beinen, ergibt sich doch oft eine unterschiedliche starke Ansprache der Muskulatur auf die Reize.
Ein weiteres technisches Highlight sind natürlich die Wireless-Module. Mit ihnen entfällt das Strippenziehen zwischen Elektrode und Steuergerät. Bei vier Kanälen wären das gleich vier Kabel, die sich immer ein wenig zu verhäddern scheinen. Die Probleme hat man bei der kabellosen Ausführung natürlich nicht. Das verkürzt auch auch die „Rüstzeiten“ deutlich. ;)
Andererseits haben die Wireless-Module dafür mit der Schwerkraft zu kämpfen. Sie sind zwar ziemlich leicht, doch die Anbringung seitlich oder an der Unterseite z.B. des Oberschenkels führt durchaus zu einem leichten Ziehen. Das hat Compex natürlich bedacht und bietet Haltebänder an, welche die Elektroden fixieren können.
Die Programme haben unterschiedliche Laufzeiten, liegen aber immer grob zwischen 20 und 30 Minuten. Und: ein Effekt ist deutlich zu spüren. Nach dem Ausdauer-Programm (abends vor dem Fernseher ;) ) habe ich am nächsten Morgen durchaus so etwas wie schwere Beine. Umgekehrt fühlen sich meine Beine nach einer harten Trainingseinheit und der „Nachbehandlung“ per Elektrostimulation deutlich erholter an.
Dabei ist natürlich schwer zu beurteilen, ob die Wirksamkeit der Compex-Anwendungen höher ist, als die der anderen (sprich: günstigeren) Hersteller. Vom Zweck her ähnliche Programme fühlten sich bei dem SP 6.0 auf jeden Fall anders an als beim Saneo.
Meine Meinung
Ob es einem das Geld wert ist, kann nur jeder für sich selbst entscheiden. Ich könnte zum Beispiel auf die Wireless-Technologie gut verzichten und wäre mit dem Compex SP 4.0 für derzeit 499 Euro genauso glücklich.