Mittlerweile benutze ich seit zweieinhalb Jahren die Auswertungssoftware WKO4 aus dem Hause TrainingPeaks. Im letzten halben Jahr haben sich meine Anforderungen an die Aussagen der Charts etwas verschoben, weshalb ich jetzt mit einem größtenteils neuen Setup unterwegs bin, das ich hier vorstelle.
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Grundsätzliches
Es geht weiterhin um die gleichen drei großen Bereiche, zu denen mir die Software Aussagen liefern soll: die Steuerung der Trainingsbelastung, die Kontrolle meiner Trainingsadaption und (natürlich) Auswertung und Prognose der Wettkämpfe. Allerdings hat sich mein Fokus ein wenig verschoben: war ich bisher sehr auf die Watt-Werte des Stryd fixiert, sind jetzt Herzfrequenz und Pace wieder die führenden Metriken geworden. Wie konnte das passieren?! ;)
Das hat vor allem sehr praktische Gründe: bisher bietet keine Laufuhr die Möglichkeit, strukturierte Trainingseinheiten mit Watt-Vorgaben abzuarbeiten. Bei Garmin gäbe es zwar noch die Krücke über den Radfahrmodus zu gehen, aber das ist auch nicht ideal. Polar könnte zwar nativ mit Watt-Werten umgehen, erlaubt in seiner Trainingsplanung aber nicht die Definition entsprechender Ziele.
Bisher habe ich mein Training immer in TrainingPeaks mit Watt-Vorgaben geplant und auch so auf die Uhr übertragen, konnte die geplanten Werte dort aber nicht einsehen und musste sie mir stattdessen merken. Einen Alarm bei Über- oder Unterschreitung der Ziele gab es nicht. Wie sich beim Level Up heraus stellte, führte das vor allem bei den Grundlagenläufen zu falschen Belastungen.
Jetzt nutze ich für Läufe in Zone 2 eine Pulsobergrenze mit Alarm durch die Uhr und für alle anderen Läufe gibt es Pace-Vorgaben. Die Watt-Werte machen die Belastung der Läufe weiterhin optimal vergleichbar und helfen mir oft beim Pacing, sind aber ansonsten deutlich von ihrem Thron gestoßen worden. Daraus ergeben sich andere Fragen an WKO4 und neue Charts.
Trainingsbelastung
Chart: Belastung
Ich muss schon zugeben, dass mir der „Cardio Load Pro“-Status bei der Polar Vantage V sehr gut gefällt. Die Bewertung der Trainingsbelastung erfolgt auf Grundlage der Empfehlungen des internationalen olympischen Komitees (IOC) und soll vor allem Verletzungen vermeiden. Dem entsprechend habe ich das ursprüngliche PMC-Chart angepasst und vergleiche nun die Belastung der letzten sieben Tage mit der der letzten 28 Tage.
Durch die Farbcodierung sehe ich sofort (auch in der Vorausschau zur Trainingsplanung), ob mein Training im optimalen Bereich stattfindet. Wobei „optimal“ nach dieser Bewertung einen eher konservativer Leistungsaufbau bedeutet. Im Bedarfsfall kann ich auch über einige Wochen knapp darüber trainieren – zeigt die Erfahrung.
Das Chart zeigt weiterhin die chronische Trainingsbelastung (CTL), sowie deren Höchstwert und Mittelwert der letzten 365 Tage (vor dem Startdatum des Charts). Somit kann ich die Belastung immer gut einordnen. Man könnte daraus natürlich das Ziel formulieren, nie unter den Mittelwert zu fallen und im Idealfall eher oberhalb des (bisherigen) Höchstwertes zu sein. Bisher wäre ich dann auf einem guten Weg. :)
Chart: Polarisiertes Training
Jetzt mag die Belastung insgesamt im grünen Bereich sein, aber mache ich auch das Richtige? Meine aktuellen Vorgaben für das polarisierte Training sind: fünf Trainingsstunden pro Woche, davon mindestens 80% in der Zone 2, und ein Mal pro Woche beim Intervall-Training möglichst viel Zeit oberhalb der anaeroben Schwelle sammeln. Die Kontrolle übernimmt das nächste Chart.
Zu sehen ist die Verteilung der Trainingszeit zwischen den Zonen 1-2 (dunkelblau) und den Zonen 3-5 (hellblau). Eine gestrichelte Linie gibt die 80%-Grenze an. Die Trainingszeit pro Woche ist als weißer Punkt auf diesen Balken abgebildet. Ist der Punkt dick statt dünn, wurde die 5-Stunden-Marke erreicht. Sind die Punkte auch noch durch eine weiße Linie verbunden, bin ich im gewünschten Zeit-Korridor. Dafür darf die Trainingszeit alle vier Wochen auch etwas geringer ausfallen (Ruhewoche).
Die roten Balken am unteren Rand repräsentieren die Zeit oberhalb der anaeroben Schwelle. Die sollte sich in Richtung 30 Minuten bewegen – auf Dauer. Mit im Bild ist auch eine Kurve für die Durchschnittspace in Zone 2 – dazu nachher mehr.
Chart: Verteilung Zonen
Für ein noch größeres Bild über die Verteilung meiner Trainingsbelastung auf die Zonen, habe ich zwei weitere Charts erstellt. Sie zeigen die prozentuale Verteilung der Trainingszeit auf die Herzfrequenz- bzw. Leistungszonen – jeweils als Summe der letzten 28 Trainingstage.
Ich kann also für jeden Tag genau sehen, wie die Belastungsverteilung der letzten Wochen aussah und wie sich diese über die Zeit vielleicht verschoben hat (Periodisierung).
Trainingsadaption
Chart: Leistungsindikatoren
Woher weiß ich denn nun, ob mein Training auch Wirkung zeigt – außer durch die Leistung im Wettkampf? Bisher habe ich dafür immer auf den berechneten FTP-Wert in WKO4 geschielt. Doch leider braucht das Rechenmodell regelmäßig Maximalleistungen, die das polarisierte Training erstmal nicht her gibt. Für die Entwicklung an der aeroben und anaeroben Schwelle sehe ich mir daher die Pace in den entsprechenden Pulsbereichen an.
Eine höhere Pace bei gleicher Herzfrequenz ist ja definitiv eine Entwicklung der Leistungsfähigkeit – zumal sich die Herzfrequenz-Zonen über die Zeit kaum verschieben. Um wirklich die langfristige Entwicklung im Blick zu behalten, stellen die Kurven nicht nur den Mittelwert pro Woche da, sondern auch die über vier Wochen geglättete Pace. Als Referenz gibt es noch eine gestrichelte Linie, die den besten 4-Wochen-Wert der letzen 365 Tage angibt.
Erst ganz unten habe ich als Referenz die mFTP geführt. Um dem rein watt-basierten Wert auch noch einen HF/Pace-basierten zur Seite zu stellen, lasse ich auch die VDOT nach Jack Daniels (näherungsweise) berechnen. Wie man sieht können die Entwicklungen hier auch gegenläufig sein…
Chart: Effizienz
Man muss „die PS auch auf die Straße bringen“, daher ist die Betrachtung der Effizienz des Laufens sehr wichtig. Grundsätzlich geht es dabei immer darum, wie viel Output mit wie viel Input generiert werden kann. Dazu sehe ich mir vier Indikatoren an, die jeweils leicht unterschiedliche Aspekte abdecken.
Die Running Effectiveness (RE) beschreibt das Verhältnis von Geschwindigkeit (in m/s) zum Leistungsgewicht (in W/kg). Damit ist der Wert unter Läufern vergleichbar und sollte sehr eng an „1“ liegen. Nach Steve Palladino ist eine RE zwischen 0.99 und 1.01 durchschnittlich und ab 1.05 gehört man zur Welt-Elite.
Daneben interessieren mich aber auch eher „klassische“ Werte wie die Bodenkontaktzeit (Ground Contact Time GCT), das Verhältnis von Pace zur Herzfrequenz und Power zur Herzfrequenz. Die Werte habe ich oben im Chart wieder als Trend über die letzten 28 Tage abgebildet und unten zur Kontrolle die jeweiligen Tageswerte.
Am Beispiel Bodenkontaktzeit zeigt sich bei mir, wie wichtig die Aufzeichnung mit immer gleichem Equipment ist: es macht einen deutlichen Unterschied, ob die GCT vom Stryd, dem Garmin HRM-Run oder der Polar Vantage V (am Handgelenk) stammt. Daher werde ich alle Läufe jetzt immer mit meinem „Referenzsystem“ aufzeichnen und Test-Uhren nur zusätzlich tragen, aber nicht mit TrainingPeaks und WKO4 synchronisieren. Ja, ich weiß: das Problem haben die meisten nicht… ;)
Chart: PDCurves
Der Herz von WKO4 ist immer noch das Modell der Power-Duration-Curve – daher habe ich mein Chart dazu auch weiterhin im Einsatz. Da ich es nicht mehr so regelmäßig mit Maximalleistungen füttere, ist die Aussagekraft eingeschränkt. Ich gucke im Moment also nur selten drauf.
Check… Check…
Chart: Überprüfung Zonen
Durch das Level Up ist mir nochmal klar geworden, dass die Herzfrequenz-Zonen am beständigsten sind. Im Grunde haben sie sich in den letzten Jahren nicht verschoben – die zugehörigen Pace- und Watt-Werte allerdings schon. Um zu überprüfen, ob eine Anpassung notwendig ist, habe ich dieses Chart gebaut.
Oben ist die Pace zu sehen, unten Power, jeweils an der Obergrenze der Herzfrequenz-Zonen 2 und im Bereich der anaeroben Schwelle. Berechnet wird ein Schnitt über acht Wochen, um nur sehr konservative Anpassungen zu machen. Ursprünglich habe ich auch die Zonen 3 und 4 mit anzeigen lassen (im Chart sind sie nur unsichtbar gestellt), aber hier greift wieder die Problematik „polarisiertes Training“: ich bin nicht planmäßig in diesen Zonen unterwegs, sondern streife sie nur kurz in der Pausen der Intervall-Läufe. Die Aussagekraft war mindestens fraglich, denn oft lagen die Werte für Zone 3 höher als die für Zone 4…
Chart: Test VO2max
Für den VO2max-Test läuft man sechs Minuten all-out. Anschließend braucht man zur Auswertung die Durchschnitts-Pace, die gelaufene Entfernung in Metern und die höchste Herzfrequenz. Weil ich den Test immer mal wiederholen möchte, um meine Trainingsfortschritte zu überprüfen, habe ich mir ein Chart dazu gemacht.
Chart: Test Anaerobe Schwelle
Das Gleiche gilt für den 45-Minuten-Test der anaeroben Schwelle (Link zur Studie). Gewertet wird anschließend die durchschnittliche Pace, Power und Herzfrequenz der Minuten 10-30 (kleiner Tipp: Schlussspurt lohnt also nicht…). Auch das lässt sich in WKO4 prima auswerten.
Chart: Monod Check
Nach Scherrer und Monod lässt sich die Leistung an der anaeroben Schwelle auch über zwei kürzere Maximalleistungen abschätzen. Das ist auch die Grundlage für den Stryd Critical Power Test. Man benötigt dafür die maximale Power über z.B. 3 Minuten und 9 Minuten. Beides ermittle ich einfach für jeden Lauf und bilde aus den besten Dreien einen Durchschnittswert für Power, Pace und Herzfrequenz.
Warum das Ganze? Ich habe diese Berechnung auch schon vorher gemacht, um den errechneten mFTP gegenzuprüfen. Da dieser durch das polarisierte Training nicht mehr genug Daten bekommt, hilft mir das Scherrer/Monod-Modell bei einer besseren Abschätzung der Schwelle.
Wettkampf-Prognosen
Chart: Race Prediction
Mein System zur Vorhersage von möglichen Wettkampfzeiten hat sich sehr bewährt. Es gibt nur eine kleine Änderung: statt auf die berechnete mFTP setzt es nun auf die händisch gepflegte sFTP in WKO4. So habe ich bessere Kontrolle über diesen Schwellenwert und die entsprechenden Resultate.
Ich bin weiterhin sehr erstaunt, wie gut die Vorhersagen sind. Für den letzten 10er passte die Berechnung auf die Sekunde genau!
Fazit
Ich finde die Software nach wie vor genial. Auch wenn sich einige Berechnungen genau so gut in einer Tabellenkalkulation machen ließen, komme ich an viele Aussagen nur über WKO4. Zudem ist das System über die Formeln (Expressions) so flexibel, dass es sich immer wieder neu an veränderte Bedürfnisse anpassen lässt. Für mich war der Kauf eine gute Investition. Ich bin schon sehr gespannt auf das nächste große Update, das noch mehr Daten aus TrainingPeaks verfügbar machen soll. :)
Hinweis: auf Anfrage stelle ich gerne wieder ein Chart-Pack zur Verfügung.