Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: English
Der „weltweit präziseste, kontaktlose Schlafmonitor“ steht seit einigen Wochen neben meinem Bett und liefert wirklich spannende Ergebnisse.
Anzeige: Der Hersteller VitalThings hat mir das Produkt für diesen Test auf meine Anfrage hin zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf den Inhalt meines Testberichts. Der Beitrag ist frei verfasst und gibt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wieder.
Inhalt / Content
Läufer erholen sich vor allem im Schlaf
Ich habe wirklich schon eine Menge Recovery-Tools getestet. Aber den wesentlich größten Anteil an meiner Erholung und damit letztendlich auch an der Leistungsfähigkeit hat sicher der Schlaf.
Das merke ich vor allem dann, wenn ich nicht genug davon bekommen habe. Nach zwei schlechten Nächten kann ich intensive Einheiten direkt aus dem Plan streichen, weil der Körper einfach nicht bereit dafür wäre. Ich bin halt auch keine 20 mehr. 😉
Zur guten Trainingssteuerung gehört für mich damit auch eine Beurteilung der nächtlichen Erholung. Neben der morgendlichen Messung der Herzfrequenzvariabilität mit HRV4Training (quasi mein Gold-Standard), habe ich schon mit einigen Systemen meinen Schlaf gemessen und analysiert: dem Oura-Ring, Whoop, Polar Nightly Recharge, Garmin, …
Das Problem daran: weder Schlaflänge noch Schlafphasen wurden damit verläßlich erfasst – was den Wert der Daten deutlich mindert. Ganz abgesehen davon, dass man daran denken muss, das Gadget auch zum Schlafen anzulegen.
Ich war schon kurz davor, das vor einigen Jahren gestestete Emfit-System wieder in Betrieb zu nehmen, da bin ich bei meinen Recherchen auf Somnofy gestossen.
Somnofy
Der Somnofy Schlafmonitor kommt aus Norwegen und wird von der Firma VitalThings angeboten. Die beschäftigen sich mit dem kontaktlosen Monitoring von Vitalparametern zum Beispiel in Gesundheitseinrichtungen und in Seniorenheimen. Dazu kommt auch der Somnofy Monitor zum Einsatz.
Erster Eindruck
Das Gerät kommt in einer stabilen und praktischen Transporttasche, die auch das gesamte Zubehör enthält. So kann man den Schlafmonitor auch mit auf Reisen nehmen.
Der Lieferumfang ist überschaubar, denn viel braucht es auch nicht, um das Gerät in Betrieb zu nehmen. Die Stromversorgung erfolgt über USB-C. Kabel und Netzteil liegen bei – man kann aber natürlich auch eigenes Equipment benutzen.
Das Gerät selbst ist etwa Handteller-groß und wird mit einem abnehmbaren Ständer geliefert. Den kann man auch so umbauen, dass der Bügel nach hinten zeigt oder Somnofy auch ganz ohne benutzen.
Der Somnofy wird dann in der Nähe des Bettes platziert und sollte ungefähr auf den Brustkorb ausgerichtet sein. Ideal ist dafür also eine Ablage direkt neben dem eigenen Bett.
Inbetriebnahme
Der Somnofy Schlafmonitor überträgt seine Messungen auf eine zentrale Plattform und muss dafür per WLAN mit dem Internet verbunden werden. Das erledigt man mit der zugehörigen App, die einem natürlich auch später die Ergebnisse anzeigt.
Man legt dort einen Account an und verbindet Somnofy mit dem WLAN. Anschließend muss man den Monitor einen Moment allein im Zimmer lassen, damit er seine Umgebung scannen kann. Nach 1-2 Minuten ist der Schlafmonitor dann einsatzbereit.
Funktionsweise und erfasste Daten
Der Somnofy Schlafmonitor arbeitet mit elektromagnetischen Funkwellen im Radiofrequenzbereich – auch bekannt als Radar. Damit ist eine offenbar sehr, sehr genaue Distanzmessung möglich, aus der mit Hilfe ausgeklügelter Technik Daten erhoben werden wie die Anwesenheit von Personen, Schlaf inkl. Schlafphasen oder die Atemfrequenz.
In der morgendlichen Auswertung der App wird ein Schlafscore ausgewiesen, der auf einer Skala von 0 bis 100 die allgemeine Schlafqualität auf Basis der Schlafdauer, Schlafphasen, usw. bewertet.
Die Schlafeffizienz wird aus dem Verhältnis von tatsächlicher Schlafzeit und Liegezeit im Bett berechnet und sollte zwischen 85 und 90% liegen.
Der für mich spannendste Werte ist die Atemfrequenz. Dieser Vitalparameter gibt nämlich wertvolle Hinweise auf den Zustand des autonomen Nervensystems, also den Erholungszustand des Körpers – dazu später noch mehr.
In den Details verstecken sich weitere interessante Angaben: der Somnofy zeichnet auch die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftqualität auf. Genau so wie den Luftdruck, die Helligkeit im Zimmer und die Lautstärke.
Das alles gibt es im Hypnogramm zusätzlich noch grafisch aufbereitet. Die Genauigkeit bei der Erkennung der Schlafphasen wurde übrigens wissenschaftlich untersucht und bescheinigt dem System eine hohe Genauigkeit im Vergleich mit professionellen Messungen im Schlaflabor. Die gleiche Qualität der Daten bescheinigt eine weitere Studie zusätzlich auch der Atemfrequenz (weitere Studien sind hier verlinkt).
Zusätzlich bietet die App noch einen Schlafguide an (leider noch nicht auf Deutsch), der Hinweise auf die Optimierung des Schlafs gibt – immer auf Grundlage der eigenen Daten und den daraus erzeugten Empfehlungen.
Praxiserfahrungen
Die erste Frage, die ich mir bei der Inbetriebnahme gestellt habe, war: Wie kann ich sicherstellen, dass Somnofy nur meinen Schlaf misst und nicht den meiner Frau? Aber das war schnell geklärt, denn man kann den Erfassungsbereich eingrenzen, indem man die maximale Distanz zum Gerät eingibt (bis zur Mitte des Ehebettes zum Beispiel). Und das funktioniert absolut zuverlässig: bei einem nächtlichen Toilettengang wird die Abwesenheit klar erfasst und zeigt nicht plötzlich die Daten aus dem Nachbarbett.
Dann fand ich den Zusammenhang von „Abstand“ und „Lautstärke“ absolut spannend. Über den Abstand ist sehr leicht die Schlafposition nachzuvollziehen: weit weg (70-80cm) bedeutet, ich habe auf der rechten Seite geschlafen. Bei ca. 50cm Abstand lag ich wohl auf dem Rücken, während ich bei nur 30cm bis zum Gerät auf meiner linken Seite lag.
An längeren, hohen Ausschlägen bei der Lautstärke erkennt man natürlich das Schnarchen – meist verbunden mit der Rückenlage. Ausschläge in Seitenlage sind wahrscheinlich nicht von mir… 😉 Gekoppelt mit der sehr nachvollziehbaren Analyse der Schlaf- und Wachphasen hat man wirklich ein kleines Schlaflabor zuhause.
Ich habe den Somonfy Schlafmonitor auch mit in den Urlaub genommen, was grundsätzlich kein Problem war: das kleine Gerät ist schnell eingepackt und wieder aufgebaut. Kabel und Netzteil habe ich zuhause gelassen, denn sowas hat man im Urlaub eh fürs Handy dabei. Ein Problem war nur das WLAN, denn statt einem Passwort war am Urlaubsort ein Bestätigungsdialog im Browser notwendig – was mit Somnofy nicht umsetzbar war. Ich habe dann einfach mein Handy zum Access-Point gemacht – ging auch.
Atemfrequenz
Ehrlich gesagt hatte für mich die Schlafanalyse nur eine untergeordnete Bedeutung, denn mir ging es bei Somnofy vor allem um die Atemfrequenz. Darauf aufmerksam geworden bin ich über einen Bericht von Jørgen Graabak, einem nordischen Kombinierer und Goldmedalliengewinner bei den Olympischen Spielen in Sotschi und Peking. In einem Blog-Artikel auf der Herstellerseite beschreibt er seine Nutzung von Somnofy und insbesondere die Schlüsse, die er aus der Atemfrequenz für sein Training zieht.
Ich habe mich mit ihm auch persönlich austauschen können und erfahren, dass er die Atemfrequenz ungefähr so benutzt, wie ich die morgendlichen HRV-Messungen. Daher lag es natürlich nahe, die Ergebnisse miteinander zu vergleichen.
In der Grafik sieht man die Herzfrequenzvariabilität als Balken (HRV4Training) und die Atemfrequenz (Somnofy) als blaue Linie. Die Atemfrequenz ist invertiert, damit man den Vergleich besser lesen kann. Denn während eine hohe HRV für Erholung steht, sind es bei der Atemfrequenz die niedrigen Werte.
Man kann sehr leicht erkennen, dass die Aussagen nahezu deckungsgleich sind. Abweichungen sind grundsätzlich zu erwarten, den es gibt viele Einflussfaktoren, auf die HRV und Atemfrequenz unterschiedlich reagieren können. Tage mit sehr guter Erholung (10. und 23. Februar) sind aber in beiden System genau so zuverlässig zu erkennen gewesen wie der Fieber-Tag am 19. Februar.
Prinzipiell ist für die Beurteilung der Atemfrequenz eine persönliche Baseline erforderlich – genau wie bei der HRV. Dabei finde ich die Unterstützung der App sehr hilfreich.
Im Verlauf kann man den betrachteten Zeitraum einstellen und erhält direkt einen Durchschnittswert der Parameter. Ich finde 2 oder 4 Wochen am aussagekräftigsten. Die ausklappbare Grafik zeigt dann die Baseline und zusätzlich noch zwei (konfigurierbare) Linien in Rot für den „Normalbereich“. So sind Abweichungen und die grundsätzliche Entwicklung sehr leicht abzulesen.
Insgesamt würde ich sogar sagen, dass die Atemfrequenz stärker mit meiner tatsächlichen Leistungsbereitschaft für den Tag übereinstimmt. Am 12. Februar und am 2. März war die HRV so niedrig, dass mir HRV4Training empfohlen hat, es langsam anzugehen. Die Atemfrequenz in der Nacht davor war allerdings unauffällig. Die anstehenden fordernden Trainingseinheiten konnte ich aber problemlos durchführen, ohne am Tag darauf mit schlechten Messwerten wegen schlechter Erholung bestraft zu werden.