Heute kam es drauf an. Mit diesem Lauf sollte das Projekt 44 endlich seinen Abschluss finden. Und obwohl das nicht ganz geklappt hat, war es doch ein sehr erfolgreicher Tag.
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Vorbereitungen
Training
Der Johannes-Lauf in Lette ist einer von zwei Fixpunkten in meiner Jahresplanung für 2016. Nachdem ich erst im Februar so richtig wieder mit dem Training einsteigen konnte, habe ich zumindest keine weiteren Rückschläge gehabt. So konnte ich in der konkreten Vorbereitung auf den Lauf in den letzten sechs Wochen nach Steffnys Trainingsplan für eine Zielzeit von 44 Minuten trainieren. Die hatte ich natürlich nicht direkt im Auge, aber so in die Richtung sollte es ja schon gehen.
Die letzten harten Intervalle und auch der Hiddingseler Straßenlauf deuteten schon darauf hin, dass es mit der „44“ bei der Zielzeit schwierig werden würde. Auch Runalyze traute mir eher eine Zeit in der Größenordnung 45:30 min zu. Aber das ist ja alles blanke Theorie. ;) Bei meiner letzten 10-km-Bestzeit (gleicher Lauf im letzten Jahr) war ich schließlich auch schneller als die Prognose.
Ausrüstung
Seit ein paar Wochen habe ich die Garmin Fenix3 HR im Einsatz. Allerdings bisher immer nur als Zweitbesetzung, denn so richtiges Vertrauen habe ich in die Uhr noch nicht. Daher habe ich mich erstmalig gegen eine Garmin-Uhr für den Wettkampf entschieden und mich der Suunto Ambit3 Vertical anvertraut. Extra für den Lauf habe ich die Anzeige neu konfiguriert, so dass ich eigentlich nur Durchschnittspace und aktuelle Pace angezeigt bekomme. Die Herzfrequenz habe ich einen Knopfdruck weit versteckt, weil ich mich von ihr nicht beunruhigen lassen wollte. ;)
Bei den Schuhen war die Wahl schnell klar: die Saucony Type A mussten es werden (Testbericht folgt). Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut ich in diesen Fliegengewichten laufe. Beim Laufen nehme ich sie überhaupt nicht wahr – was sicher eines der größten Komplimente ist, das man Laufschuhen machen kann. Ansonsten habe ich mich in letzter Minute gegen das X-Bionic Twyce Outfit entschieden, weil die Temperaturen in Lette zum Glück doch halbwegs annehmbar waren: der Wind machte die sicher noch 24°C erträglich.
Mitstreiter
Mit dem Projekt 44 war ich zum Glück nicht alleine. Mein Freund Norbert hatte das gleiche Ziel. Wir haben einige Trainingsläufe zusammen gemacht und ich war mir sicher, dass ich mich nur an ihn dran hängen brauche. ;) Ihm habe ich das Tempo auf jeden Fall mehr zugetraut als mir selbst. Spontan hat sich Thomas dann vor Ort noch angeschlossen, obwohl er gleich sagte, dass nach seiner Verletzungspause eine 45er-Zeit wohl noch nicht drin ist. Wie auch immer: ich war nicht alleine und das war auch eine große Motivation. Zusätzlich war noch der erweiterte Familienkreis vor Ort, so dass es auch an dem Zuspruch nicht scheitern sollte.
Start
So nah wie heute stand ich selten an der Startlinie. :) Aber schließlich wollten wir ja die mögliche „44“ auch auf der offiziellen Urkunde stehen haben. Und da bei so einem Rennen die Zeitmessung vom Startschuss bis zum Zieleinlauf geht, ist eine Platzierung weit vorne in der Aufstellung ganz hilfreich. Und so waren wir mit den anderen da vorne nach dem Start natürlich erstmal viel zu schnell unterwegs. Was allerdings auch daran lag, dass man auf den eineinhalb Runden um den Sportplatz zwei Mal an den Zuschauern vorbei kommt, bevor es raus in die Felder geht.
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Thomas hatte sich vor uns gesetzt und lief seine 4:30 min/km glaube ich ganz nach Gefühl. Norbert und ich haben relativ häufig unsere Zeitanzeigen abgeglichen. Grundsätzlich waren wir auf einem ganz guten Kurs. Gegen Ende der ersten Runde war allerdings schon klar, dass die Luft zum Quatschen eigentlich nicht mehr da ist. So habe ich auch aufgehört auf die Uhr zu sehen und mich einfach an Norberts Fersen geheftet. Irgendwann müssen wir da auch Thomas verloren haben.
Zweite Runde
Mit der Passage am Sportplatz vorbei, war mein Tank eigentlich leer. Es war mir ein Rätsel, wie ich noch eine Runde in dem Tempo laufen soll. Zwar waren die Beine vollkommen ok und auch der Magen war durch eine bessere Planung der Mahlzeiten ruhig, aber die Atmung machte dicht. Ich war schon bei einem Rhythmus, den ich sonst erst auf den letzten Kilometern brauche. Und so hatte ich ein ziemliches Stechen rund um die Brust herum. :(
Irgendwie schaffte ich es aber auch bei Kilometer 7 noch an Norbert dran zu sein. Auf einer kurzen Strecke „bergab“ sammelte ich wieder etwas Kraft, die mich beim nächsten Anstieg aber wieder verließ. Ich habe echt ganz schön gekämpft. So etwa bei Kilometer 8 war mir aber klar, dass ich ihn ziehen lassen musste. Er schaute sich noch ein, zwei Mal nach mir um, aber wir hatten vorher vereinbart, dass nach der ersten Runde keiner auf den anderen warten würde. Ein „Lauf, Norbert!“ gab ihm letzte Sicherheit und er zog los.
Zu meiner Überraschung konnte ich aber relativ dicht hinter ihm bleiben. Er war nie weit weg. Und auch meine Luft wurde zwischenzeitlich etwas besser. Auf die Uhr hatte ich schon lange nicht mehr gesehen und ehrlich gesagt war mir mittlerweile auch egal, was sie anzeigt. Ich war definitiv absolut am Limit und könnte nicht ein Körnchen mehr drauf legen.
Als es wieder in die Waldpassage am Sportplatz ging und damit auf den letzten Kilometer, standen plötzlich meine Tochter und mein Patenkind am Zaun und feuerten mich an. Sobald ich auf der Aschebahn war, war also „all out“ angesagt. Irgendwas geht immer noch, wenn man plötzlich so bejubelt wird: auf den letzten 300 Metern hatte ich ein Durchschnittstempo von 3:44 min/km! Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Was ich zum Glück nicht wusste: mein Puls war schon seit dem dritten Kilometern jenseits von Gut und Böse… Die Zielgerade habe ich dafür genutzt, meinen Maximalpuls neu zu bestimmen. ;)
Ziel
Ganz ehrlich: ich war tot. Kurz vor dem Zusammenbruch und nicht ansprechbar. Ein Abklatschen mit Norbert war noch drin, aber dann brauchte ich ein wenig, bis ich überhaupt Flüssigkeit zu mir nehmen konnte. Selbst meine Frau, die begeistert zu mir kam, musste ich erstmal warten lassen… Es hat ziemlich gedauert, bis ich mit Norbert mal auf die Uhren sehen konnte. Bis dahin hatte ich keine Ahnung, mit welcher Zeit wir rein gekommen waren.
Norbert hat die „44“ um nur 8 Sekunden verpasst! Allerdings haben wir beide 10,1 km auf der Uhr gehabt, so dass das Ziel, einen Schnitt unter 4:30 min/km zu laufen, für ihn doch erreicht wurde! Hammer Leistung! Meine offizielle Zielzeit: 45:36 Minuten. Damit war ich laut Strava für „echte“ 10 Kilometer auch nur 16 Sekunden vom angestrebten Ziel entfernt! Und nach dieser Rechnung war Norbert mit 44:48 Minuten sogar locker drin.
Trotz der Temperaturen wurde sogar noch eine Bestzeit gebrochen: mein Schwager hat auch einen neuen Rekord auf 10 km aufgestellt! Da hat es sich ja richtig gelohnt, dass unsere Familien zu diesem Fest mitgekommen sind. :)
Runalyze-Analyse
Ich benutze ja schon seit langem Runalyze als Trainingstagebuch. Daran schätze ich nicht nur die Möglichkeit meine Daten an einem von mir bestimmten, zentralen Ort zu sammeln, sondern vor allem die ausführlichen Analysemöglichkeiten und Prognosen. Und in diesem Fall muss ich sagen: genauer hätte die Vorhersage nicht sein können!
Wie geht es weiter?
Erstmal bin ich sehr froh diese Anstrengung hinter mir zu haben. Die Steiflicher-Laufserie macht auch erstmal eine kleine Pause bis Anfang Juli, so dass ich nächster Zeit keine Wettkämpfe anstehen. In zwei Wochen geht es erstmal in den Urlaub. In einer Woche beginnt allerdings schon mein Trainingsplan für das zweite Saisonhighlight: den Halbmarathon in Köln Anfang Oktober.
Nachdem ich verschiedene Bücher und Trainingslehren nochmal hin und her gewälzt habe, werde ich für den Lauf nach der Methode von Jack Daniels trainieren – allerdings leicht für mich adaptiert. So habe ich seine Phasen auf vier Wochen eingekürzt und auch die Qualitätseinheiten teilweise vereinfacht – also nicht leichter gemacht, sondern nur nicht so kompliziert angelegt. Wer einen Blick auf den Plan werfen will, kann es hier tun.
Das bedeutet also, bis Ende Juni sind erstmal nur leichte Läufe geplant. Das wird eine willkommene Erholung. :)