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Ich hätte nie gedacht, dass ich im Bereich der HRV-Messung eine Überraschung erleben würde. Doch ein kleiner tschechischer Hersteller hat meine Welt jetzt total auf den Kopf gestellt!
Anzeige: mySASY hat mir für diesen Test einen kostenlosen Zugang zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf den Inhalt meines Testberichts. Der Beitrag ist frei verfasst und gibt ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen wieder.
Inhalt / Content
Steuerung des Trainings mit Herzfrequenzvariabilität (HRV)
Seit fünf Jahren messe ich jeden Morgen meinen Ruhepuls und die Herzfrequenzvariabilität. Angefangen hat alles mit dem Vitalmonitor Pro, aber ich habe mittlerweile fast alle gängigen Apps und Systeme getestet – bis hin zum Oura Ring. Über lange Zeiträume habe ich Systeme auch parallel verwendet. Ich bringe also ein wenig Erfahrung auf dem Gebiet mit. ;)
Die Morgenmessungen hätte ich sicher nicht so lange durchgehalten, wenn sie mir nicht einen echten Vorteil bieten würden. Und das ist für mich vor allem die standardisierte Aussage über den Erholungszustand meines Körpers. Den kann man nicht immer einfach vom Training ableiten, denn es spielen auch alle Alltags-Stressoren mit rein: Arbeit, Streit, Gesundheit, Reisen, …
An meinem morgendlichen Erholungswert kann ich also ablesen, ob mein Körper heute einen starken Trainingsreiz verarbeiten könnte, ob ich lieber die Intensität reduziere oder sogar ganz zuhause bleibe. An den langfristigen Trends erkenne ich, ob ich grundsätzlich gut mit dem aktuellen Trainingsplan zurecht komme oder mich damit überfordere.
RMSSD – der „Erholungswert“
Alle bisher von mir getesteten Systeme beziehen ihre Aussagen auf die unterschiedlich langen Abstände zwischen zwei Herzschlägen (time-domain). Insbesondere der RMSSD (Root mean square of successive RR interval differences) ist hier meist die ausschlaggebende Metrik. Das hat vor allem den Grund, dass er sich als Standardmaß für die parasympathische Herzregulation, also für Regeneration und Erholung des Körper, etabliert hat – und man ihn relativ leicht ermitteln kann. Ein Brustgurt, eine App und zwei Minuten Zeit reichen dafür schon aus.
Im vegetativen Nervensystem hat der Parasympathikus aber noch einen Mit- oder Gegenspieler: den Sympathikus. Dieser sorgt nicht für Ruhe und Erholung, sondern für Flucht und Kampf – oder sagen wir mal: für die Aktivierung des Körpers und die Mobilisation von Ressourcen. Seine Aktivität lässt sich grundsätzlich genau so einfach messen wie beim Parasympathikus, allerdings ist die dafür notwendige Zeit deutlich höher (frequency-domain): für halbwegs exakte Ergebnisse sollte die Messung mindestens 15 Minuten oder gar bis zu einer Stunde dauern!
Warum erzähle ich das alles? Weil ich mich erst durch mySASY mit dem Sympathikus wirklich beschäftigt habe und mir nicht bewusst war, dass ich mit meinen HRV-Messungen eigentlich nur eine Hälfte der Gleichung betrachte.
ProdukttestmySASY
[php snippet=1]mySASY – Wissenschaftliche Kompetenz aus Tschechien
Ganz ehrlich: ich hatte mySASY überhaupt nicht auf dem Schirm. Das mag vor allem daran liegen, dass es sich um einen tschechischen Anbieter handelt, der sich nach Erfolgen im eigenen Land erst jetzt über die Grenzen wagt. Die Köpfe dahinter zeigen deutlich den wissenschaftlichen Anspruch des Unternehmens: es gibt dort einen Doktor der Trainingsphysiologie, einen Ingenieur der Technischen Kybernetik / Biokybernetik, Sportwissenschaftler und natürlich findige Programmierer.
Gemeinsam beschäftigen sie sich schon länger mit der Spektralanalyse der Herzfrequenzvariabilität – insbesondere in der Anwendung auf das Training von Freizeit- bis Leistungssportlern. Ihr besonderer Ansatz schließt dabei die Beurteilung beider Bestandteile des vegetativen Nervensystems mit ein: Parasympathikus und Sympathikus.
Besonderheit der Messung
mySASY benutzt ein sehr wissenschaftlich anmutendes Protokoll: gemessen wird nicht über eine bestimmte Zeitdauer, sondern für exakt 187 Herzschläge. Zusätzlich gibt es einen Lagenwechsel: nach 22 Schlägen im Liegen werden 55 im Stehen gemessen und anschließend 110 Schläge wieder im Liegen. Wer aufgepasst hat wird merken: die resultierenden ca. 4 Minuten Messung reichen eigentlich nicht aus, um valide Aussagen zur Aktivität des Sympathikus zu treffen.
Das ursprüngliche (und weiterhin zur Verfügung stehende) Verfahren sieht daher auch eine Messung über 15 Minuten (840 Herzschläge) vor. Doch dem Team ist es durch maschinelles Lernen (Artificial Intelligence) gelungen, zu den gleichen Aussagen in nur ca. 4 Minuten bzw. 187 Herzschlägen zu kommen. Genau das war der technische Durchbruch, den das System auch für mich plötzlich attraktiv gemacht hat.
Damit ist es nach meiner Kenntnis auch das einzige System, dass in so kurzer Zeit Aussagen zu beiden Dimensionen des vegetativen Nervensystems treffen kann – und dazu außerdem noch die Aussagekraft eines orthostatischen Test benutzt. Diesen gibt es grundsätzlich zwar auch beim Hersteller Polar, allerdings führt er dort ausschließlich zu Aussagen über die Aktivität des Parasympathikus.
Tägliche Messung über die App
In der Praxis läuft die Messung ganz einfach über eine App (Android oder iOS) und einen Brustgurt. Idealerweise verwendet man dafür einen Polar H10 oder das von mySASY selbst angebotene Modell. Auch der Einstieg in mySASY ist keine große Hürde: in den ersten 14 Tagen darf man das System kostenlos benutzen. Danach werden fünf Euro pro Monat (bei jährlicher Zahlungsweise) fällig.
Natürlich muss man zuerst ein Konto bei mySASY anlegen, einige persönliche Daten eintragen, seinen Brustgurt koppeln und kann auch die Verbindung zu anderen Diensten wie Strava herstellen. Dann sucht man sich in seiner Morgenroutine ein passendes Zeitfenster, um die Messung fest in den Tagesablauf zu integrieren. Da im Liegen und Stehen gemessen wird, sollte man dafür einen Ort wählen, an dem man sich auf ein Bett oder Sofa legen kann.
Die App führt dann durch den Messvorgang. An den Wechsel der Positionen wird man deutlich per Signalton erinnert – zusätzlich ist die aktuelle Lage aber auch bildlich und als Wort dargestellt. Seine aktuelle Herzfrequenz hat man auch immer im Blick, genau wie die noch verbleibenden Herzschläge bis zum nächsten Wechsel bzw. dem Ende der Messung.
Ergänzt wird die Erfassung durch einen Fragebogen, der die subjektive Einschätzung von Trainingslast, Muskelermüdung, Schlafqualität, Gesundheit und Stress erfasst. Diese Angaben sind nicht nur als Eintrag ins Trainingstagebuch zu sehen, sondern bilden auch eine wichtige Grundlage für die weitere Auswertung.
Das Ergebnis kann man anschließend im Protokoll einsehen. Die Auswertung und ausführliche, schriftliche Bewertung stellt vor allem den „Kompensationswert“ in den Vordergrund – ermittelt werden aber deutlich mehr Metriken.
In der Praxis
Wie bei allen HRV-Messungen ist es sehr wichtig, immer gleiche Randbedingungen zu schaffen. Ich messe zum Beispiel immer direkt nach der Morgentoilette auf dem Sofa. Beim Wechsel zur Messung in der App bekommt man schon vor dem Start seine Herzfrequenz angezeigt. Hier warte ich immer noch bis sich die Werte nicht mehr schnell ändern – meist dauert das ein bis zwei Minuten.
Ursprünglich hatte ich mit der Messung auf dem Boden liegend angefangen, aber das ist nicht so ideal. Die körperliche Anstrengung, vom Liegen ins Stehen zu kommen (und anschließend zurück), ist deutlich im Verlauf abzulesen. Ein Bett oder ein Sofa funktionieren für mich deutlich besser.
Grundsätzlich muss ich sagen, dass sich die vier Minuten nicht so lang anfühlen. Durch den Lagenwechsel kommt es mir deutlich kürzer vor.
Web-Client
Auch wenn sich grundsätzlich alle Ergebnisse über die App einsehen lassen, ist die Darstellung im Web-Client doch um Einiges komfortabler. Hier bekommt man immer auch umfangreiche Hilfefunktionen angeboten.
3D-Graph
Es gibt keine Möglichkeit, die tägliche Messung später noch einmal einzusehen – abgesehen von den abgeleiteten Metriken natürlich. Es sei denn, man nutzt die ursprüngliche, lange Messmethode über 840 Herzschläge.
Diese etwa 15 Minuten lange Messung produziert einen dreidimensionalen Graphen, der sich im Web-Client jederzeit wieder einsehen lässt. Zusätzlich liefert mySASY ganze 69 ermittelte Metriken, die aus der Analyse der Messreihe hervorgehen.
In der Praxis
Es ist sehr begrüßenswert, dass mySASY diese lange (und wohl wissenschaftlich exaktere) Methode weiterhin zur Wahl stellt. Ich habe keine Vergleichsmessungen gemacht, ob sich Unterschiede zwischen der alten und der neuen Messmethode ergeben. Denn zwei Messungen direkt nacheinander kommen nie zu dem selben Ergebnis.
Außerdem muss ich sagen, dass 15 Minuten wirklich lang sind… Die vier Minuten der kurzen Messung sind sicher gut investiert, aber die lange habe ich ehrlich gesagt nur ein Mal ausprobiert.
myCompensation
Bereits nach sechs Tagen Messung und Training wird zum ersten Mal der Kompensationswert angegeben. Er basiert wohl auf einem umfangreichen Vergleich der aktuellen Messung mit den vorherigen und soll auf einen Blick Auskunft darüber geben, in welcher Phase der Kompensation sich der Körper gerade befindet.
Werte in rot (50-95%) deuten auf nicht optimale Anpassungsreaktionen hin. Damit ist wohl vor allem eine Unterforderung gemeint. Im blauen Bereich (95-115%) passen die Anpassungsreaktionen des Körpers ideal zum durchgeführten Training, während der grüne Bereich (115-150%) auf eine Superkompensation hinweist – also der Bereitschaft, höhere Trainingsreize verarbeiten zu können.
Neben dem Zahlenwert gibt es noch eine textliche Einschätzung, die oftmals hilfreiche Hinweise gibt. Hier kommen die Eintragungen durch den Fragebogen nach der Messung ins Spiel, auf denen die (per Algorithmus) erstellten Texte basieren.
In der Praxis
Ich war überrascht, wie oft ich die generischen Texte hilfreich fand! Fast immer sind die enthaltenen Hinweise wirklich hilfreich gewesen, um besser zu verstehen, was da gerade passiert. Ich habe dadurch noch Neues über mich und meine Anpassungsmechanismen an das Training lernen können. Der Kompensationswert allein macht für mich sicher 80-90% des Nutzens von mySASY aus.
myHRV
Natürlich macht mySASY nicht bei dem einen Übersichtswert Halt. Im Bereich „myHRV“ kann man sehr anschaulich verfolgen, wie sich die Messpunkte in den beiden Dimensionen des vegetativen Nervensystems von Tag zu Tag verändern.
Die X-Achse des Diagramms steht für den Anteil des Parasympathikus – hier „Versorgung“ oder an anderer Stelle auch „Auffüllung“ genannt. Je weiter rechts sich also ein Messpunkt befindet, desto stärker ist der Körper mit der Auffüllung von Ressourcen beschäftigt.
Die Y-Achse steht für den Sympathikus. mySASY nennt den Anteil „Verbrauch“. Hier ist also der Anteil der Systeme gemeint, die für die Aktivierung und Bereitstellung von Ressourcen zuständig sind.
Genau genommen ist die Grafik aber noch weiter verdichtet. Denn die Größe der dargestellten Kreise gibt zusätzlich Auskunft über die „Gesamtleistung“, während die Farbe für die drei Bereiche der Kompensation steht (siehe oben).
Alle Werte lassen sich auch im Zahlenband numerisch ablesen, wenn man exaktere Angaben als die grafische Darstellung braucht.
In der Praxis
Ich muss zugeben, dass ich anfangs Probleme hatte, mich in die Bezeichnungen und die Systematik einzudenken. Dazu kommt, dass die deutschen Übersetzungen nicht immer optimal sind und ich daher teilweise mit der englischen Sprachversion gearbeitet habe. Aber ich habe mich (auch Dank einem der Köpfe hinter mySASY) eingearbeitet und bin immer wieder beeindruckt von den Interpretationsmöglichkeiten.
Bei mir sieht man zum Beispiel, dass sich die Werte vor allem auf der X-Achse und kaum auf der Y-Achse bewegen. Eigentlich sollte man erwarten, dass die Punktwolke sich in Richtung rechts-oben und links-unten ausbreitet. Denn wenn der Parasympathikus aktiv ist, sollte der Sympathikus nicht so aktiv sein – und umgekehrt. Meine eher horizontale Wolke deutet darauf hin, dass meine Anpassung an die Trainingsreize im Moment vor allem über die Erholung läuft.
mySASY Profile
mySASY hat bei der Analyse zehntausender Messungen vier Grundtypen in Bezug auf die Trainingsanpassung identifiziert: Talent, Konstante, Klassiker und Risiko. Jedes Profil hat seine eigene Charakteristik und daraus folgende Empfehlung für die Trainingsanpassung.
Das „Talent“ hat zum Beispiel eine hohe Widerstandskraft gegen Ermüdung und reagiert auf Trainingsreize stark über den Sympathikus. mySASY kann dabei helfen, die notwendigen intensiven Trainingsreize optimal zu identifizieren.
Beim „Klassiker“ dagegen reagieren beide Teile des autonomen Nervensystems sehr dynamisch auf die Reize. Hier kann mySASY dabei unterstützen, die Belastung so zu erhöhen, dass es nicht zu einer Überlastung kommt.
Sein aktuelles Profil kann man jederzeit bestimmen lassen. Es steht nach acht Standardmessungen bereit, ist aber nicht unbedingt immer klar einem der Grundtypen zuzuordnen. mySASY drückt die Anteile in Prozent aus und liefert immer eine angepasste schriftliche Beschreibung mit, die konkret umsetzbare Tipps enthält.
In der Praxis
In meinem letzten Trainingsprofil (77% Klassiker und 23% Konstante) gab es offenbar Tage mit deutlicher Linksverschiebung der Messwerte, die ich laut Beschreibung vermeiden sollte. Ein kurze Analyse meiner Messreihe zeigte schnell, dass dieses Phänomen immer mal wieder auftaucht. Nämlich genau immer dann, wenn ich zwei Tage Pause zwischen den Trainingseinheiten mache!
Bereits eine kleine Belastung am zweiten Tag kann die sonst folgende schlechte Trainingsadaption verhindern, wie ich schnell herausfinden konnte. Was sich nach einer nur kleinen Erkenntnis anhört, ist für mich das genaue Gegenteil. Denn fünf Jahre HRV-Messung haben mir den negativen Einfluss von zwei Ruhetagen auf meine Trainingsanpassung bisher nicht aufzeigen können! Und selbst mit diesem Wissen kann ich das Phänomen in meinen HRV-Testreihen nicht erkennen…
Dabei ist diese „kleine Erkenntnis“ sehr leicht in die Praxis zu übertragen und (das zeigen meine ersten Erfahrungen) macht für mich wirklich einen deutlich wahrnehmbaren Unterschied in der Trainingsbereitschaft.
myTraining BETA
Das Modul „myTraining“ ist noch in der Beta-Phase, zeigt aber schon jetzt wohin die vielversprechenden Ideen dahinter führen sollen. Hier werden nämlich die HRV-Daten mit der Trainingsbelastung zusammengebracht, um daraus Empfehlungen für den nächsten Trainingstag zu generieren. Das System lernt selbständig im Hintergrund und soll die Treffgenauigkeit seiner Empfehlungen dadurch immer weiter verbessern.
In der Grafik wird der (theoretische) optimale Trainingseffekt (grüne Fläche) mit dem tatsächlich erreichten Trainingseffekt (rote Linie) verglichen. Richtet man sich also immer nach den Vorgaben des Systems, sollte die rote Kurve mitten in der grünen Fläche liegen. So die Theorie…
In der Praxis
Bei meinem derzeit eingeschränkten Training war ist unmöglich, die Vorgaben immer zu erfüllen. Belastungen mit einem TSS von um die 100 stehen im Moment einfach nicht auf dem Programm, daher war von vornherein klar, dass es nicht zu einer optimalen Anpassung im Sinne des Moduls kommen würde.
Gleichzeitig konnte ich aber beobachten, dass sich die Empfehlungen schon nach 2-3 Wochen regelmäßigen Trainings auf derzeit realistische Werte eingependelt haben. Als grobe Orientierung könnte ich damit durchaus arbeiten, aber mir würde zusätzlich noch der Faktor „Intensität“ fehlen.
myFunktionsalter BETA
Auch das Modul „myFunktionsalter“ ist noch in der Beta. Laut mySASY entspricht das Funktionsalter der Fähigkeit des Körpers, Trainingsbelastung, Stress und Impulsen der äußeren Umgebung und der allgemeinen Gesundheit standzuhalten. Über den Vergleich zum kalendarischen Alter kann man erkennen, ob man (im Vergleich mit Gleichaltrigen) über- oder unterdurchschnittlich gut mit Trainingsbelastungen umgehen kann.
In der Praxis
Die Entwicklung des Funktionsalters folgt grob der Entwicklung des Trainingszustandes, würde ich sagen. Allerdings hat sich mir die Relevanz dieses Wertes für mein Training noch nicht erschlossen.
Vergleich mit anderen Systemen
Aus meinen Erfahrungen mit verschiedenen HRV-Systemen ist HRV4Training als mein Standard-System hervorgegangen. Damit sammle ich schon sehr lange Daten und kann die Werte sehr gut für mich einschätzen. Beide Systeme sind sich über meinen Vergleichszeitraum relativ einig gewesen (vor allem im grün markierten Bereich). Aber es gab auch deutliche Abweichungen (rot).
Häufig sieht mySASY dann noch Potential für weitere Trainingsadaptionen, während HRV4Training mich schon ausbremsen oder zumindest nicht weiter ermutigen würde. Normalerweise hätte ich also einen Ruhetag eingelegt, bin aber nach der mySASY-Empfehlung doch laufen gewesen. Manchmal nur locker für eine halbe Stunde, an richtig grünen Tagen gab es aber auch ungeplante Intervalle.
Jetzt stecke ich gerade nicht in einem Trainingsplan mit hohen Umfängen und Intensitäten, daher ist die Aussagekraft sicher etwas eingeschränkt. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass es gut war, mySASY an solchen Tagen zu folgen. Gerade die lockere halbe Stunde auf dem Laufband hätte ich normalerweise nie gemacht. Besonders nicht, wenn der HRV4Training-Wert eher zur Pause gerufen hat. Aber letztendlich war es dann immer so, dass es am Tag darauf bergauf ging.
Kritik
Leider gibt es bei mySASY nicht nur Sonne, sondern auch Schatten. Ich habe zum Beispiel einige Zeit gebraucht, um mich in die Bedienung des Web-Clients einzudenken. Die Funktionalität ist sicher gegeben, aber die Handhabung könnte intuitiver sein.
Das trifft in Teilen auch auf den App zu. Denn genau genommen sind nur Dashboard und Messung Teil der App – für alles andere wird eine mobile Version des Web-Clients benutzt. Und das ist alles andere als optimal.
Dann muss ich auch ganz klar sagen: die deutsche Übersetzung ist nicht gut. Es tauchen (wenn auch selten) unverständliche Sätze auf, deren Sinn sich mir erst durch Umstellung auf Englisch erschlossen hat. Wenn man darüber und einige sprachliche Schnitzer mal hinweg sieht, ist mySASY schon vollständig in Deutsch nutzbar. Aber bei einem kostenpflichtigen Angebot erwarte ich mehr. Andererseits lässt sich der Punkt auch relativ schnell abstellen, wenn man (sprich: mySASY) denn will.
Ein weiterer Kritikpunkt ist im Hintergrund schon in Arbeit: die Synchronisation mit anderen Diensten. Für die myTraining-Funktion kann man derzeit nur mit Strava koppeln. Wer (wie ich) lieber mit dem TSS-System von TrainingPeaks arbeiten möchte, muss die Werte manuell pflegen. Neben dem Import von TrainingPeaks würde mir auch ein Export dort hin fehlen. Den täglichen Compensation-Wert könnte ich dort gut brauchen.
Weitere Informationsquellen
Ich habe bisher noch keine anderen Testberichte zu mySASY gefunden. Aber wer noch tiefer in die Materie einsteigen will, kann aus dem breiten Angebot des Herstellers schöpfen. Es gibt einen Blog, die üblichen FAQ und die mySASY-Akademie.
Sehr gut finde ich auch diese Video aus dem mySASY-Youtube-Kanal (englisch). Hier gibt Pavel wirklich tiefe und hilfreiche Einblicke in das System, dessen Anwendung und die Wissenschaft dahinter.
Zu guter Letzt gibt es auch ein recht ausführliches Benutzerhandbuch, über das man sich gut mit der App und den ganzen ermittelten Werten vertraut machen kann, und eine lange Literaturliste.
Meine Meinung
mySASY ist ein Game-Changer, der für mich ganz sicher 5 Euro im Monat wert ist. Der Erkenntnisgewinn durch die Messung beider Zweige des autonomen Nervensystems ist so groß, dass ich mit keinem der anderen Systeme wieder glücklich werden könnte. Und das sage ich nach fünf Jahren täglicher HRV-Messung…
Trotz der Begeisterung ist mySASY längst noch nicht perfekt. Die deutsche Übersetzung sollte ganz oben auf der Todo-Liste stehen – dicht gefolgt von der Integration weiterer Plattformen wie TrainingPeaks. Doch das wären nur die Kirschen auf der Sahne. ;) Der große Mehrwert der Plattform ist auch jetzt schon gegeben. Und das durch eine Technologie, die im Moment einzigartig sein dürfte und die ich so schnell bei keinem der anderen Anbieter erwarten würde.